So aktuell wie anno 1846
130 Jahre Genossenschaften im Landkreis. Eine Zeitreise ist in der VR-Bank Landsberg-Ammersee zu erleben.
Nach einem Feuer-Fehlalarm und einer damit verbundenen kurzen Verzögerung konnte VR-Bank-Vorstandsvorsitzender Stefan Jörg seine Gäste bei der Vernissage zum eigentlichen Thema des Abends, einer „Zeitreise durch 130 Jahre Bankgeschichte“ mitnehmen.
Stefan Jörg, der, wie er von sich behauptete, seit 36 Jahren überzeugter Genossenschaftler sei, nahm die 100 Gäste dabei in den total verregneten, kalten Sommer des Jahres 1846 mit, als sich die Landwirte aufgrund von Missernten kein Saatgut für das nächste Jahr mehr kaufen konnten. Diese Geschichte nahm Nadine Wickert vom Historischen Verein München auf, die sich intensiv in die Thematik eingearbeitet und alle Unterlagen dazu gesichtet hatte. Sie erzählte von den Anfängen der Genossenschaftsgeschichte, als der kleine Beamte Friedrich Wilhelm Raiffeisen, seinerzeit Bürgermeister von Weyerbusch, spontan, der Not und Vernunft gehorchend, sich entgegen der Regierungsanweisung dafür entschied, das durch den Staat zur Verfügung gestellte Saatgut gegen Schuldscheine statt gegen sofortige Bezahlung abzugeben. Mit dem 1847 gegründeten „Brotverein“, legte er den Grundstein für die erste Raiffeisen-Genossenschaft im heutigen Sinne.
Zeitgleich entwickelte der Jurist Hermann Schulze-Delizsch die Idee einer Genossenschaft zur Unterstützung der Handwerker, die sich in Zeiten der zunehmenden Industrialisierung teure Maschinen nicht leisten konnten. 1862 entstand in München die erste gewerbliche Genossenschaftsbewegung. Am 19. September 1886 wurde eine Genossenschaft in Eresing gegründet, mit der die VR-Bank im Landkreis ihren Anfang nahm. Auch die zu der Zeit schlecht bezahlten Priester engagierten sich in der Genossenschaftsbewegung und machten diese kraft ihres Amtes bekannt. Pater Andreas Amrhein gründete 1887 die Sankt Benediktus Missionsgenossenschaft in Emming, dem späteren St. Ottilien. „Genossenschaften sorgen für Stabilität und vermitteln Heimat“, so Nadine Wickert. Die Ideen von damals hätten sich durchgesetzt, und bis heute engagierten sich Zigtausende in 1294 Genossenschaften.
Die instruktiven Ausstellungsobjekte unter dem Motto „Zeitreise durch 130 Jahre Bankgeschichte“ verdeutlichen, anschaulich präsentiert, auch die Entstehung und Weiterentwicklung der sozialen Frage von der Gründerzeit der Genossenschaften bis heute. Da gab es zahlreiche alte Urkunden, aufwendig gestaltete Darlehensverträge, handgeschriebene Mitgliederverzeichnisse aus den Anfangsjahren und Werbeplakate aus einer fernen Zeit, in der sich Sparen noch lohnte. Firmenschilder, Briefe, Sparbücher, Geldscheine und Münzen, in Vitrinen ausgelegt, konnten ausgiebig bewundert werden. Die Zeiten haben sich rasant gewandelt, doch der krisenfeste Gemeinschaftsgedanke war zumindest an diesem Abend fast so aktuell wie anno 1846.
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