
Utting
Wenn der Ammersee zum Taufbecken wird

Plus Bei der Evangelischen Kirchengemeinde Ammersee-West gibt es einen neuen Trend: Kinder werden mit Seewasser getauft. Trotz des regen Badebetriebs ist am Campingplatz-Gelände in Utting die Stimmung feierlich.
Einst wurde Jesus im Fluss Jordan getauft, was liegt da näher, als Taufen – auch und gerade im wasserreichen Südbayern – an Flüsse oder Seen zu verlagern? Ganz nebenbei ist diese Feier im Freien auch geeignet, die Natur, in die der Täufling hineingeboren wurde, mit allen Sinnen wahrzunehmen.
Bereits zum dritten Mal bot die Evangelische Kirchengemeinde Ammersee-West die Seetaufe aktiv an. So sind auch die Eltern Katharina und Florian Benz sowie Kathrin Schmid und Michael Kühner mit dieser Form der Taufe bekannt geworden. Dabei konnten sich die Elternpaare spontan für den Vorschlag von Pfarrerin Alexandra Eberhardt, die Taufe im Ammersee durchzuführen, begeistern. Wäre Corona nicht dazwischengekommen, hätte der Taufgottesdienst sogar vier Täuflinge umfasst, berichtete Eberhardt. Zwei Familien hätten die Taufe jedoch verschoben.
Eine Seetaufe soll kein Event sein
Wichtig ist der Pfarrerin, dass dieses Angebot nicht als Event missverstanden wird. Sie prüft deshalb in Gesprächen mit den Eltern vorab deren Intention. Die Familien sollten zudem aus der Gemeinde stammen oder einen starken Bezug zu ihr haben, denn Taufe bedeutet ja auch die Aufnahme des Täuflings in die christliche Gemeinschaft. „Die Seetaufe ist sehr beliebt bei Familien, manche melden sich sehr lange im Voraus an, um einen Platz zu bekommen“, berichtet Eberhardt. Taufen im Freien seien im Kommen: „In München tauft man in der Isar, im Allgäu im Großen Alpsee.“
Den beiden kleinen Mädchen Linea Kühner und Leonie Benz allerdings waren all die weitreichenden Gedanken fremd. Gut gelaunt wohnten sie dem Gottesdienst, der bei strahlendem Sonnenschein auf der Badewiese am Campingplatz in Utting stattfand, bei, und ohne Geschrei ließen sie auch die Taufe im Uferbereich über sich ergehen. Die Mütter hatten praktischerweise halblange Kleider für sich ausgewählt, die Väter krempelten rasch die Hosenbeine hoch, die Pfarrerin raffte ihren Talar, und barfuß marschierte die Taufgesellschaft über die Wiese ins Wasser. Vor der Kulisse des gegenüberliegenden Ufers mit Kloster Andechs, vorbeidümpelnden Segelbooten, Schwimmern und Kindern, die mit ihren aufblasbaren Schwimmtieren planschten, ergab sich so für die Gemeinde ein friedvolles und stimmiges Bild, das manchen Maler sicherlich dazu inspiriert hätte, es auf eine Leinwand zu bannen.
Im Grünen die Kirche zu den Menschen bringen
Bedenken, dass ein Gottesdienst und eine Taufe inmitten von Badegästen nicht funktionieren können, hatte Eberhardt gar nicht erst aufkommen lassen. Tatsächlich fügte sich alles harmonisch ineinander: Badegäste wurden angezogen von den Klängen des Blasorchesters Hailix Blechle unter Leitung von Pfarrer Dirk Wnendt und breiteten ihre Decken aus. Kinder kletterten auf die alte Pappel und beobachteten das Geschehen von oben, und auch allerhand Passanten, sogar mit Ponys am Zügel, und Besucher des „Pavillion“ zeigten sich interessiert.

Gottesdienst im Grünen sei deshalb eine gute Möglichkeit, Kirche den Menschen nahezubringen, ja die Kirche zu den Menschen zu bringen und positiv wahrgenommen zu werden, so Eberhardt. Gestaltet wurde der Taufgottesdienst mit viel Gesang und Einlagen vom Kindergottesdienstteam, bei dem sogar Wasserpistolen im Einsatz waren, sowie von den Paten, Eltern und Verwandten der Täuflinge. Zum Schluss erhielt sogar noch Bernd Pickl, der Betreiber des Campingplatzes, des Pavillions und der Alten Villa, der Bierbänke und Kaffee bereitgestellt hatte, den „Wirtesegen“ von Pfarrerin Alexandra Eberhardt.
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