Kein Vertrauen in den Euro
Solange die Zweifel an der Bereitschaft der Schuldenstaaten zum Sparen und Reformieren nicht ausgeräumt sind, ist kein Ende der Krise in Sicht.
Was ist Geld? Jens Weidmann, der Präsident der Bundesbank, hat eine sehr einfache und doch aufschlussreiche Antwort parat: „Geld ist bedrucktes Papier, in das viele Menschen Vertrauen haben müssen.“ Weidmann ist jener Mann, der im Präsidium der Europäischen Zentralbank (EZB) einen einsamen Kampf gegen die Strategie des Italieners Draghi führt, die überschuldeten Staaten mit immer mehr Geld aus der Notenpresse der EZB über Wasser zu halten. Womit wir bereits beim Kern jener Schuldenkrise angelangt wären, die Europa seit fast drei Jahren in Atem hält und den Fortbestand des gemeinsamen Währungssystems gefährdet.
Der Euro ist ins Schlingern geraten, weil ihm das Vertrauen der Geldanleger und Sparer abhandengekommen ist – und das, obwohl er ja noch immer so hart ist wie die D-Mark und gerade der Exportnation Deutschland glänzende Geschäfte ermöglicht. Der Wert des Geldes hängt eben – siehe Weidmann – in hohem Maße vom Vertrauen in die Stabilität und die gesicherte Zukunft der Währung ab. Dieses Vertrauen wiederherzustellen, ist der Schlüssel zur Überwindung der Krise. Die Euro-Retter mögen bei ihren Gipfeltreffen noch so viel Geld bereitstellen, immer größere Rettungsschirme aufspannen und Griechenland ein ums andere Mal herauspauken: Solange die Zweifel an der Bereitschaft der Schuldenstaaten zum Sparen und Reformieren und zur Wiederherstellung ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht ausgeräumt sind, ist kein Ende der Krise in Sicht. Zudem muss sichergestellt sein, dass den Schuldensündern künftig tatsächlich genauer auf die Finger geschaut wird und die vereinbarten Spielregeln nicht bei erstbester Gelegenheit wieder ausgehebelt werden.
Nichts von alledem ist einstweilen mit hinreichender Sicherheit gewährleistet. Viel ist die Rede von künftigen „Durchgriffsrechten“ auf nationale Haushalte. Aber welcher große Staat – schon gar nicht Frankreich – ist in Wahrheit bereit, dafür seine Souveränität beim Geldausgeben (und Schuldenmachen) dreinzugeben? Das Schweigen auf den Ruf Schäubles nach einem mächtigen Währungskommissar und einer stärkeren Mitwirkung des Europäischen Parlaments spricht Bände. Frankreich, der Wortführer der Südländer, ist vor allem darauf aus, den Widerstand Merkels gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden zu brechen und die Transfer-Union auf Kosten Deutschlands durchzusetzen. Was wunder, wenn die Skepsis der deutschen Steuerzahler hinsichtlich der Ankündigungen einer wirksamen Haushaltskontrolle wächst. Etliche Versprechen, die bei der Einführung des Euro gemacht wurden, sind nicht eingehalten worden. Kein Staat sollte für die Schulden anderer einstehen müssen, die Zentralbank nach dem Vorbild der Bundesbank nur der Geldwertstabilität verpflichtet sein. Inzwischen ist die Euro-Zone auf dem Abmarsch in die Haftungsgemeinschaft, und die EZB betreibt notdürftig kaschierte Staatsfinanzierung – mit der Folge einer Geldschwemme, die Börsen, Finanzjongleure und Großbanken verzückt, jedoch der Inflation über kurz oder lang den Boden bereitet.
Die Euro-Rettung und die Einheit Europas mögen ungewöhnliche Maßnahmen erfordern und sind nicht zum Nulltarif zu haben. Vertrauensbildend jedoch ist das Krisenmanagement der Euro-Retter nicht. Das gilt im Übrigen auch für die Strategie der Bundesregierung im Fall Griechenland. Wer aus Angst vor einem Dominoeffekt und aus Sorge vor einer Eskalation der Krise im Wahljahr einen Staatsbankrott ausschließt, der sollte den Bürgern zugleich sagen, dass dies viel zusätzliches Geld kostet. Auch Wahrhaftigkeit ist eine Voraussetzung dafür, um Vertrauen zurückgewinnen zu können.
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