Tod und Freude
Angela Merkel hat sich über den Tod von Osama bin Laden befreut. Die Kritik daran ist selbstgefällig.
Es ist ein unverschwurbelter Satz von ehrlicher Klarheit, den sich viele sonst gerne von Politikern wünschen: „Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel frei und ohne Manuskript als Antwort auf eine Journalistenfrage. Seitdem muss sich die Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Union viel Kritik an ihrer spontanen Wortwahl anhören.
Denn mit einem hohen moralischen Anspruch betrachtet verbietet sich die Freude über den Tod eines Menschen – nicht nur aus christlichem Werteverständnis. Auch die deutsche Nachkriegsdemokratie mit allen ihren Regeln über Freiheit und Gerechtigkeit fußt auf dem einen Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieser erste Artikel des Grundgesetzes wäre völlig wertlos, wenn er nicht ausnahmslos für jeden Menschen gelten würde.
Dennoch ist die Kritik an Merkel in weiten Teilen selbstgefällig. Die Kanzlerin drückte ihr aufrichtiges Mitgefühl mit den Amerikanern aus. Hätte sie das Wort der Freude durch Erleichterung oder das Wort vom Töten durch ein entmenschlichtes „Ausschalten“ ersetzt, wäre die Empörung ausgeblieben. Der Kern von Merkels Botschaft wäre aber derselbe geblieben.
Die jubelnden Amerikaner auf den Straßen und Plätzen feierten nicht unbedingt den Tod des Menschen Osama bin Laden. Sie feiern vielmehr den Sieg über ihren vielleicht größten Feind, zu dem sich der El-Kaida-Führer nicht nur mit seinem Massenmord samt Kriegserklärung selbst erkoren hatte.
Die Bilder über den Siegestaumel verstören vielleicht manchen in der auf ihre Friedfertigkeit stolzen Bundesrepublik. Dennoch ist eine mitempfundene Freude über den Sieg Amerikas genauso legitim wie das Recht anderer, dessen Umstände kritisch zu hinterfragen.
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