Erkranken immer mehr jüngere an Krebs und wie sind die Behandlungschancen?
Professor Langer vom Klinikverbund Allgäu spricht von enormen medizinischen Fortschritten. Zuletzt sind auch Erkrankungen von Jüngeren in den Fokus gerückt.
Eine Krebsdiagnose ist für Betroffene und ihr Umfeld hart. Doch in den vergangenen Jahren hat die Medizin enorme Fortschritte gemacht, wie Professor Dr. Christian Langer vom Klinikverbund Allgäu berichtet. Entscheidend sei, dass die Krankheit entstigmatisiert werde. "Das liegt mir stark am Herzen, weil das ein gesellschaftliches Thema ist, mit dem jeder in Kontakt kommen wird", sagt Langer. Sei es, weil man selbst oder jemand im direkten Umfeld an Krebs erkrankt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass die Zahl der Krebserkrankungen weltweit bis 2050 rasant steigen werde - um bis zu 77 Prozent. Die Gründe sind laut WHO: Rauchen, Alkohol, Fettleibigkeit und Luftverschmutzung.
Erkranken immer mehr jüngere Menschen an Krebs?
Zuletzt sind jüngere Menschen beim Thema Krebs in den Fokus gerückt. "Es gab letztes Jahr eine große weltweite Studie, die zu dem Schluss gekommen ist, dass die Rate derer, die unter 40 oder 45 Jahren eine Tumordiagnose kriegen, zunimmt", sagt Langer. Deshalb habe man Daten aus dem Oberallgäu und von Kempten für den Zeitraum 2013 bis 2022 mit dem Bayerischen Krebsregister analysiert. Die Ergebnisse lagen Ende vergangener Woche vor: "Für unsere Region können wir zumindest für diesen Zeitraum festhalten, dass wir keine statistische Mehrung der U50-Fälle sehen," sagt Langer.
Generell nehmen Tumore in der Bevölkerung zu. Das habe unterschiedliche Gründe: Der wichtigste sei die zunehmende Alterung. Die Mehrzahl aller betroffenen Tumorerkrankungen treten ab dem 70. Lebensjahr auf, sagt Langer. Pro Jahr werden im Klinikverbund Allgäu etwa 1600 Krebsfälle diagnostiziert. Deutschlandweit seien es 500.000. Aber es gebe auch jüngere Menschen, die von Langer und seinen Kollegen behandelt werden.
Vererbbarer Krebs: "Jeder kennt das Beispiel der Angelina Jolie"
Dabei gehe es auch um Patienten, die ein angeborenes Risiko haben: "Jeder kennt das Beispiel der Angelina Jolie, die eine erbliche Form des Brustkrebses hat", sagt Langer. Ähnliche Fälle gebe es zum Beispiel auch bei Dickdarm-Tumoren. Dem habe man teilweise schon Rechnung getragen: Von der Kasse bezahlte Vorsorgeuntersuchungen sind bei Männern zum Beispiel ab 50 Jahren möglich. Wichtig ist laut Langer der individuelle Blick auf die Patienten, wenn es zum Beispiel erbliche Erkrankungen in der Familie gibt. Wer beispielsweise einen Verwandten hat, der mit 45 Jahren an einem Tumor im Magen-Darm-Trakt erkrankt ist, der sollte selbst etwa zehn Jahre vorher, somit ab dem 35. Lebensjahr, mit der Vorsorge beginnen, empfiehlt Langer.
Bei jüngeren Betroffenen kommen zusätzlich zur Behandlung der Krankheit noch andere Themen hinzu, berichtet Langer: Kann ich dann noch eine Familie gründen, Kinder bekommen? "Das ist ein wichtiges Thema, das wir die Betroffenen begleiten, wir haben dafür auch Kinderwunschprogramme unseres Kinderwunschzentrums."
Klinikverbund Allgäu: Werden Krebserkrankungen heute früher erkannt?
Krebserkrankungen würden heute durch bessere Vorsorge-Untersuchungen und Screenings früher erkannt. Die klassische Chemotherapie mit ihren Nebenwirkungen hat zwar noch nicht ausgedient und hilft zum Beispiel bei bestimmten Leukämie-Arten nach wie vor gut. Dennoch nehme diese Therapieform weniger Platz ein. Wichtiger werden modernere Immun- und Antikörper-Therapien. "Was wir auch sehen, ist, dass viele Erkrankungen in eine Art chronische Phase übertreten. Wir können nicht jeden heilen, aber wir haben immer mehr Menschen, die mit Tumorerkrankungen viele Jahre leben", sagt Langer _ wissend, dass es natürlich auch Betroffene gibt, die die Erkrankung nicht überleben. Klar ist für den Mediziner: Risikofaktor Nummer eins ist das Rauchen.
Horst Veile-Reiter ist Klinikdirektor an den Waldburg Zeil Kliniken in Isny-Neutrauchburg, die Krebspatienten in der Reha begleiten. Eine Entwicklung hin zu jüngeren Menschen, die an Krebs erkranken, sieht Veile-Reiter wie Langer ebenfalls nicht. Die besseren Heilungschancen im Vergleich zur Vergangenheit liegen aus seiner Sicht daran, dass mehr Menschen bereit sind, zur Vorsorge zu gehen.
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