Beliebte Arbeitgeber im Raum Ulm: Die unheimliche Wandlung des Erwin Müller
Lang, lang ist es her, da galt der Ulmer Drogeriekönig Erwin Müller als Schreck der Arbeitnehmerschaft. Der Milliardär ist aber gezwungen worden, dazuzulernen.
Über zehn Jahre ist es her: Die Gewerkschaft Verdi erstattete Anzeige gegen Erwin Müller "wegen des Verdachts einer Straftat gem. Paragraf 119 Abs.1 Nr.1" des Betriebsverfassungsgesetzes. Müller drohte theoretisch bis zu einem Jahr Haft, falls er die Wahl eines Betriebsrats behindert oder beeinflusst hätte. Und das war angeblich so: Wer einen gründen wollte, dem sollten Schichtzulagen oder Personalrabatt gestrichen werden, hieß es damals seitens der Gewerkschaft. Zwar wurde damals tatsächlich der erste Betriebsrat in Müllers Reich gewählt. Doch heute gibt es keinen mehr.
Nun, im Jahr 2023 empfiehlt die Mehrheit der Müller-Beschäftigten ihren Arbeitgeber weiter. Betriebsräte hin, Betriebsräte her. Alte Müller-Sünden interessieren niemanden. Der "Score" in einem Ranking von insgesamt 650 Arbeitgebern ist überdurchschnittlich gut, Müller ist im Bereich Einzelhandel in der Top-Ten. Müller gehört zu den "besten Arbeitgebern Deutschlands".
Bester Arbeitgeber: Müller hat die Kurve gekriegt
Müller hat die Kurve gekriegt. Schon damals betonte er zwar seine soziale Ader. Außerdem zahle er stets pünktlich und nach Tarif. Doch, dass er auch in Umfragen eines unabhängigen Marktforschungsinstituts so gut anschneidet, scheint eine neue Qualität zu sein. Auf ihr gesetzlich geregeltes Recht auf betriebliche Mitbestimmung legen die Müller-Beschäftigten offenbar keinen Wert, hier hat Müller gewonnen. Und Müller hat es offenbar verstanden, dass sich die Beschäftigten im Betrieb auch ohne Betriebsräte wohlfühlen. Das stößt den Gewerkschaften freilich sauer auf. Denn schließlich torpediert dieser Müller-Erfolg den Verdi-Kampf für das hart erkämpfte Recht auf betriebliche Mitbestimmung.
Müller weiß: Er muss die Belegschaft bei Laune halten. Der Fachkräftemangel ist die vielleicht größte Herausforderung für die Unternehmen. Die gut qualifizierten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erwarten heute mehr als ein gutes Gehalt. Bei allein 749 offenen Jobs auf der Müller-Homepage darf es deshalb keine Negativ-Presse mehr geben.
Müller, der mit seinen 90 Jahren immer noch, beziehungsweise schon wieder, als alleiniger Geschäftsführer fungiert, kann es sich nicht erlauben, schlecht zu den Mitarbeitenden zu sein. So wie andere auch: mit den Drogeriemärkten DM und Rossmann sind die direkten Konkurrenten um den Thron des bundesdeutschen Drogeriekönigs noch besser platziert.
Die Diskussion ist geschlossen.