Jetzt stehlen schon Radiosender Maibaume. Das war früher mal anders.
Natürlich war früher nicht alles besser, aber der mediale Bohei war nicht immer ganz so groß. Wenn früher die Burschen von Hintertupfing bei den Vordertupfingern den Maibau gemopst hatten – oft zur Freude der verschont gebliebenen Mitteltupfinger – dann interessierte das maximal die umliegenden Dörfer. Oder die Lokalzeitung, womit wir bei den Medien wären. In Senden wurde bekanntlich der städtische Maibaum gestohlen, aber nicht etwa von Pfaffenhofern oder Vöhringern, sondern von Ismaningern, einem Team des Radiosenders Antenne Bayern. Der hat also mit bezahlten Leuten und einem Schwertransporter das gerne auch Traditionsstangerl genannte Stück abtransportiert, um diverse Bedingungen zu stellen, damit die Sendener den Baum wiederbekommen.
Mit Verlaub: Das Brauchtum hat mit dieser Sache nichts zu tun, es ist in diesem Fall nur das Feigenblatt einer professionell aufgezogenen Werbekampagne für einen Radiosender. Der hat die nötigen Mittel, um richtig auf die Pauke zu hauen und – jetzt sagen wir’s mal ungnädig – die Sendener vor ihren PR-Karren zu spannen. Die bekommen zwar nun viel Sendeplatz, weil sie heute eine Art öffentliche Pseudo-Massenheirat mit 500 Braut- oder besser Fake-Brautpaaren aufziehen sollen. Aber im Grunde genommen müssen sie sich bayernweit vorführen lassen, weil sie ihren Maibaum nicht schützen konnten vor einem Privatsender, der am Rande des Freistaats noch ein wenig Aufmerksamkeit gebrauchen kann.
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