Die Wüste lebt

VonRonald Hinzpeter

Ulm Als wehrhaftes Wüstenvolk genießen die Tuareg einen beinahe legendären Ruf. Anfang der 90er Jahre haben sie erst wieder zu den Waffen gegriffen, um sich ihre Freiheit zu bewahren. Doch die vier jungen Männer und die Frau im Hintergrund wirken so gar nicht kriegerisch, eher verlegen, fast ein bisschen schüchtern stehen sie auf der Bühne des Ulmer Zelts und spielen zusammen mit einem Australier und zwei Amerikanern eine wilde Mischung aus grob geschrammeltem Westcoast-Rock und dieser fremdartig-hypnotischen Wüstenmusik.

Sie nennen sich Tamikrest und stammen aus Mali. Dort trafen sie eines Tages beim Wüstenfestival in Timbuktu auf ein paar gestandene Indie-Rocker aus dem Westen namens Dirtmusic, mit denen sie sich offenbar so gut verstanden, dass sie sich tagelang gegenseitig ihre Lieder vorspielten - der Beginn einer faszinierenden Zusammenarbeit. Für eine Handvoll Konzerte reisen Dirtmusic mit Tamikrest durch Europa und sind schließlich auch im Ulmer Zelt gelandet.

Dort hat sich an diesem Abend ein ordentlicher Haufen Neugieriger versammelt, der mit Sicherheit nicht wegen den weithin unbekannten Dirtmusic erschienen ist, sondern mal echte Tuaregs sehen wollte. Und die kommen tatsächlich mit langen traditionellen Gewändern, verschleierten Männer-Gesichtern und einer Musik, die zwar irgendwie Rock ist, doch die althergebrachten Vorstellungen sprichwörtlich in die Wüste schickt. Die knallig geschlagenen, ebenso schweren wie teilweise verqueren Rhythmen hypnotisieren, über monotonen Akkorden schwebt die klagende Stimme von Sänger Ousmane Ag Mossa, der so unendlich traurig aussieht, als würde er sich gerade ganz weit weg- wünschen.

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