Asylheim: Witzighauser sind skeptisch
Bei der Bürgerversammlung werden Ängste deutlich. Polizei versucht mit Statistiken zu beruhigen
Ein Heim für Asylbewerber in Witzighausen – dieses Thema rief bei der Bürgerversammlung rund 250 Zuhörer auf den Plan. In der proppenvollen Gemeinschaftshalle sprachen mehrere Anwohner ihre Befürchtungen aus, sollte die Unterkunft gebaut werden. Andere hingegen begegnen den Plänen ganz unaufgeregt.
Es war in erster Linie die Unsicherheit bezüglich der möglichen Bewohnerschaft, die die Diskussionsteilnehmer bewegte. Vor allem die Ansiedlung von großen Männergruppen, das wurde schnell deutlich, wäre manchen Witzighausern unheimlich. „Unsere Frauen haben Angst“, sagte ein Redner und eine junge Frau ergänzte, sie würde nur ungern an einer solchen Flüchtlingsunterkunft vorbei täglich zur Bushaltestelle gehen.
Die Ängste nehme man sehr ernst, doch faktisch gebe es dafür keine Grundlage, erklärte Polizist Polzmacher. Die Statistik zeige, dass im Umfeld der Unterkünfte die Zahl der strafbaren Handlungen nicht ansteigt. Wenn, dann spielten sich Vorkommnisse innerhalb der Heime ab, etwa wenn Bewohner untereinander in Streit geraten. Die Ordnungshüter stünden mit den Einrichtungen in engem Kontakt, berichtete Polzmacher, der außerdem vor wild blühenden Gerüchten über Asylbewerber in sozialen Netzwerken warnte. Vielfach würden bewusst Falschmeldungen verbreitet. Falsch sei etwa auch die Nachricht, in einer Sendener Unterkunft seien angeblich geklaute Fahrräder sichergestellt worden. „Wir haben dort kein einziges als gestohlen gemeldetes Rad vorgefunden“, so der Polizeichef.
Bürgermeister Raphael Bögge, Sendens Polizeichef Ulrich Polzmacher und Claudia Schäfer-Rudolph vom Arbeitskreis Asyl in Senden bemühten sich auf dem Podium, die Ängste der Bürger durch derartige sachliche Information zu mildern.
Der von der Verwaltung angedachte Neubau im Wohngebiet Gänsäcker West sei derzeit noch gar nicht in konkreter Planung, erklärte Bögge, zunächst würden mehrere Standorte unter die Lupe genommen, entschieden wird frühestens Mitte Dezember. Mit Anwohnern, die sich in der vergangenen Woche mit einer Unterschriftensammlung zu Wort meldeten, habe er „ein konstruktives Gespräch“ geführt, so Bögge. Und die Ängste der Bevölkerung nehme er sehr ernst.
Mehrere Wortmeldungen bezogen sich auf die Befürchtung, irgendwann könnten auf die Gebäude für 50 Asylbewerber noch weitere Bauten folgen. Mehrfach betonte Bögge, dass nach derzeitigem Stand allerhöchstens 50 Asylbewerber in Witzighausen unterkommen werden, und keine 160, wie im Ort gerüchteweise verbreitet worden war.
Der Bürgermeister stellte außerdem heraus, dass die Stadt keinerlei Einfluss darauf habe, welche Personen in die jeweiligen Unterkünfte kommen, wo etwa Familien einziehen und wo alleinstehende Flüchtlinge. Die Hauseigentümer im Neubaugebiet Gänsäcker fürchten, dass ihre Grundstücke an Wert verlieren und die Bebauung der noch freien Areale nun nicht mehr voranschreitet. Zu diesem Punkt konnte Bögge vermelden: Zum Neubau von neun Reihenhäusern habe der Bauausschuss unlängst die Genehmigung erteilt. Er wolle die Ängste der Bevölkerung nicht kleinreden, so Bögge, „aber wir müssen die Leute unterbringen“. Die Verwaltung erarbeite mit mehreren Kooperationspartnern ein Integrationskonzept, und damit die Einbindung der Asylbewerber gelingt, müssten alle Seiten zusammenarbeiten. Kritik übte er an der Langatmigkeit bei Asylverfahren. Von den 24 seit drei Jahren in Senden lebenden Asylbewerbern hätten bisher nur zwei einen Bescheid erhalten. Und jetzt ankommende Flüchtlinge könnten erst im August 2016 ihre Anträge stellen, „das ist ein unhaltbarer, unverantwortlicher Zustand“.
Frage des harmonischen Zusammenlebens
Dass Ängste da sind, wurde überdeutlich: „Man kann mit denen nicht harmonisch zusammenleben“, hieß es etwa. „Ich weiß gar nicht, wieso ihr so viel Panik habt“, wunderte sich hingegen ein Witzighauser, man müsse auf die Leute zugehen. Dazu riet auch Claudia Schäfer-Rudolf vom Helferkreis Asyl. „Die Flüchtlinge sind Menschen wie wir, nicht besser und nicht schlechter. Und als unsere Mitmenschen wollen wir sie auch behandeln“, erklärte sie über die ehrenamtliche Arbeit des Helferkreises. Wichtig fürs Zusammenleben sei, die Fremdheit zu überwinden und den Neuankömmlingen neben der Sprache die hier geltenden Werte und Normen zu vermitteln.
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