Viel Arbeit für gutes Aussehen
Sonderausstellung „Vom Scheitel bis zur Sohle“ in Maihingen eröffnet
Maihingen Am Dienstagabend hat das Rieser Bauernmuseum seine neue Sonderausstellung „Vom Scheitel bis zur Sohle – Die Arbeit am guten Aussehen“ eröffnet. Den drei Verantwortlichen Doreen Thieke, Dr. Bruno Langner und Anne Söllner geht es dabei um mehr als allein zu zeigen, wie Frauen und Männer sich von 1900 bis 1970 kleideten und frisierten. „Wir möchten auch auf das Handwerk dahinter aufmerksam machen“, betonte Doreen Thieke, in ihrer Einführung.
Zuvor hatte Regierungspräsident Jürgen Reichert die vielen Gäste, darunter auch zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur, begrüßt. Er betonte, dass Kleidung eine wichtige Ausdrucksform der Persönlichkeit sei und freute sich gleichzeitig, dass die Kleiderordnung sich in den letzten Jahrzehnten sehr gelockert habe: „Es ist doch alles viel legerer geworden, heute gehen auch Jeans zum Trachtenjanker.“
Aufwendige Prozeduren
„Gutes Aussehen ist uns wichtig“, stellte Doreen Thieke, die sich selbst mit nostalgischer Wasserwelle präsentierte, fest und erklärte anschaulich, wie sich der Zeitgeschmack zwischen 1900 bis 1970 geändert habe. Weg vom Hut, hin zu individuellen Frisuren, vor allem beim weiblichen Geschlecht, zum Bubikopf der Zwanzigerjahre und zur aufwendigen Prozedur von Wasser- und Dauerwellen. „Das Tragen von Hüten früher war allgemein üblich, denn an der Kopfbedeckung konnte der soziale und berufliche Stand, die politische Gesinnung, die regionale Herkunft, das Alter, der Familienstand oder die Religionszugehörigkeit des Trägers abgelesen werden“, erklärte sie. Für die Rieserinnen war die Haube fester Bestandteil der Tracht. Den Kopf der Rieser Männer bedeckte der „Goggs“ oder die Troddelkappe, die zur Tageskleidung gehörte. Für besondere Anlässe und Feiern war der bürgerliche Zylinder angebracht.
Was für die Damen das Haar, war für Männer bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs der Bart. Welchen Aufwand das männliche Geschlecht dabei trieb, wird in der Ausstellung deutlich.
Bei der Kleidung zeige die Ausstellung die Entwicklung von der maßgefertigten Mode durch den oder die Schneiderin hin zur günstig produzierten Konfektionsware. Auch der weibliche „Schuhtick“, so Thieke, habe sich erst in den Fünfziger- und Sechzigerjahren entfalten können, als moderne, günstige Herstellungsverfahren die Handarbeit der Schuhmacher ersetzten. Grundsätzlich stellte sie fest, dass die fortschreitende Verbesserung der Schuh-, Kleider- oder Hutindustrie mit Ausnahme des Friseurs zu einem Rückgang der Schuhmacher, Schneider und Hutmacher geführt habe.
Museumsleiterin Dr. Ruth Kilian gab einen launigen Abriss über die modische Entwicklung der ersten 70 Jahre des 20. Jahrhunderts. So erfuhr das aufmerksame Publikum, dass Frauen erst seit den Fünfzigerjahren die Hosen anhaben durften: „Außer man heißt Marlene Dietrich und ist eine unantastbare Legende.“
Auch auf den Siegeszug der Jeans von der strapazierfähigen Arbeitshose über das Kultobjekt der rebellierenden Jugend der 50er bis zum Freizeitlook der Allgemeinheit Ende der 80er ging sie ein. „Die Mode orientierte sich stets an der städtischen Avantgarde“, machte Kilian deutlich, gerade die Umbruchszeit in den 50ern sei stark geprägt gewesen von einem großen Unterschied zwischen Stadt und Land. Zuletzt machte die Museumsleiterin noch Lust auf das Begleitprogramm zur Ausstellung. So steht der Internationale Museumstag am 15. Mai ganz im Zeichen des „Körperkults“ und am 24. Juli präsentiert das Bauernmuseum eine Modenschau mit Mode aus den Fünfzigerjahren.
Die Löp’Singers unter Leitung von Susanne Gatz gestalteten den Abend mit Schlagern rund um die Mode. Im Anschluss lud der Rieser Bauernmuseums- und Mühlenverein die Eröffnungsgäste zu einem Imbiss ein.
Die Sonderausstellung ist bis 6. November zu sehen.
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