Sonderausstellung mit Zirkus, Pauken und Trompeten eröffnet
Das Heimatmuseum in Oettingen widmet sich dem Fahrenden Volk. Das nahm einst einen Mann mit, der eine Zirkusdynastie begründen sollte.
Fast schon standesgemäß wurde die neue Sonderausstellung im Oettinger Heimatmuseum mit dem berühmten Clown-Lied „Oh mein Papa“ eröffnet. Michael Walter und seine Band umrahmten die Festreden von Museumschefin Barbara Heinrich, Dr. Herbert Wilhelm und zweitem Bürgermeister Markus Eisenbarth. Rund 100 Interessierte konnten teils überrascht feststellen, wie viele bekannte Lieder sich doch mit dem Leben des fahrenden Volkes beschäftigten.
Beispiele waren unter anderem „The Boxer“ von Simon & Garfunkel oder „Heute hier, morgen dort“ von Hannes Wader. Seit dem Mittelalter gibt es den Begriff „Fahrendes Volk“ als Bezeichnung für nicht-sesshafte Personen, die von Ort zu Ort wanderten und ihre Dienste anboten. Bis in die frühe Neuzeit wurden mit diesem Begriff vor allem Angehörige unterständischer und außerständischer Sozialgruppierungen beschrieben: Bänkelsänger, Akrobaten, Taschenspieler, Possenreißer oder Bärenführer; aber auch Wanderprofessionen wie Bader, Kesselflicker, Quacksalber oder Zahnreißer.
In den Augen der Obrigkeit gehörten die Fahrenden zu den Ehrlosen. Bei der Bevölkerung waren die Dienstleistungen und Schauen, die die Fahrenden im Gepäck hatten, sehr geschätzt. Es war vor allem das Neue und am Ort nicht Verfügbare, das ihr Angebot ausmachte. Neben vielfältigen Attraktionen brachten diese Reisenden in Zeiten ohne Radio, Fernsehen und Internet Nachrichten und Neuerungen in die Orte, die sie aufsuchten. Es ging zu allen Zeiten um die Faszination am Außergewöhnlichen, die Lust am Kuriosen, am Grusel und der Grenzübertretung.
Das zeigt die Schau mit vielen zum Teil romantisch verklärten, zum Teil kuriosen Ausstellungsstücken, welche die Zeit aus der Sicht Oettingens von den Anfängen bis heute zeigt. Die Ausstellung erzählt die lange Geschichte des „Fahrenden Volkes“ in mehreren Kapiteln, in denen verschiedene Aspekte aufgegriffen und genauer betrachtet werden. Zeitlich spannt sich der Bogen vom Mittelalter bis in die 50er Jahre. Ein roter Faden sind dabei Werbeanzeigen und Annoncen von Artistentruppen, Schaubudenbesitzern oder Zirkussen aus der Oettinger Zeitung ab 1829.
Die Mobilität der „Fahrenden“ und das, was sie mitbrachten, sorgten für einen Kulturtransfer vom Globalen ins Lokale, der gerade für den ländlichen Raum nicht zu unterschätzen ist. Und manchmal nahmen sie, wenn sie ihre Zelte abbrachen, einen jungen Mann mit – so wie vor über 200 Jahren den Medizinstudenten Friedrich Knie, der sich unsterblich in eine Kunstreiterin verliebte und zum Gründer einer großen Zirkusdynastie wurde. Das alles kann in dieser witzigen Schau noch bis Mitte September besichtigt werden. Zum guten Schluss herzlich eingeladen von Barbara Heinrich persönlich: „Hereinspaziert, es ist der Beginn einer neuen Schau. Bitterlich werden Sie Tränen vergießen, wenn Sie diese Vorstellung verpassen.“
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