Vom tumben Muskelprotz zum erfolgreichen Politiker
Ein Mann für alle Fälle. Dr. h.c. Arnold Schwarzenegger, Ex-Muskelprotz, Ex-Schauspieler und heute Gouverneur Kaliforniens wird 60. Nach Bush ist Schwarzenegger der bekannteste Politiker des Landes.
Mit diesem Gesetz helfen wir vielen Hunde- und Katzenbesitzern, sagt der Gouverneur müde nach der Unterzeichnung des neuen Veterinärgesetzes und stellt sich dann mit Tierärzten zum Gruppenfoto auf. Arnold Schwarzenegge liebt die großen Gesten. Doch das Leben besteht auch aus Kleinkram und Alltäglichkeiten. Er strahlt tapfer, wie immer, und grinst, wie es die Fotografen am liebsten haben, breit übers ganze Gesicht.
Dann geht es gleich weiter nach San Diego zu einer öffentlichen Debatte über die Probleme mit der maroden Kanalisation: Der Bürgermeister verlangt schnelle Hilfe vom Gouverneur. Ob er sich das alles so vorgestellt hat? Ob er nicht doch lieber wieder die Muskeln spielen lassen würde?
Alles spricht dafür, dass Arnold Schwarzenegger mit sich und seinem Leben zufrieden ist. Nimmt man von seinen vielen Karrieren nur einmal die aktuelle, nämlich die politische, heraus, kann man einfach nicht erfolgreicher sein als er: Schwarzenegger ist Regierungschef eines Staates, der für sich genommen die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt wäre. Und er ist überaus beliebt. Nach Bush ist Schwarzeneggerder bekannteste Politiker des Landes, schrieb die New York Times. Das stimmt. Doch Bush hat seine Wähler bitter enttäuscht, während die Begeisterung über Schwarzenegger immer noch wächst.
Dabei klafft die Wahrnehmung in den USA und in Europa stark auseinander und liefert kurioses Anschauungsmaterial für transatlantische Mentalitätsunterschiede: In Deutschland und Österreich gilt Schwarzenegger vielen immer noch als der tumbe Muskelprotz, als eine Art Schießbudenfigur, über die man sich lustig machen kann. Dass er Schauspieler werden wollte, obwohl er doch nur Bodybuilder war, galt daheim als dreiste Selbstüberschätzung, wurde mit Häme begleitet. Und als er Politiker werden wollte, obwohl er doch nur Schauspieler war, gab es deutsche Leitartikler, die allen Ernstes schrieben, es sei ein Segen, dass derlei Karrieren in Europa nicht möglich seien.
In den USA dagegen wurde Schwarzeneggers Wechsel in die Politik nicht mit Skepsis und Spott, sondern mit Neugierde begleitet. Und inzwischen wissen alle, was in Europa immer noch nicht richtig verstanden wird: Schwarzenegger ist ein großes politisches Talent. Er hat in einem durch und durch demokratischen Bundesstaat als Republikaner zwei Wahlen gewonnen. Heute gilt Schwarzenegger neben dem New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg als der innovativste Politiker in den USA, der weit über die Tagespolitik hinausdenkt, ideologische Gräben überwindet, neue Themen besetzt und seine Politik dabei auch noch glänzend vermarkten kann, weil er ein fantastischer Redner ist.
Würde die amerikanische Verfassung nicht die Kandidatur eines im Ausland geborenen Politikers verbieten, es gäbe keinen Zweifel, dass Schwarzenegge jetzt ums Weiße Haus kämpfen würde. Und seine Chancen, Präsident zu werden, stünden nicht schlecht. Denn er hat nicht nur, wie die New York Times schrieb, die Republikanische Partei gerettet, er hat vor allem eine neue politische Mitte definiert, mit konservativen Werten, aber liberaler Gesinnung, mit Umweltthemen und neuer Gesundheitspolitik.
Ist das alles zu viel des Lobes? Vielleicht. Richtig ist, dass Arnold Schwarzeneggerkein Heiliger ist. Ein sozialer Aufstieg wie seiner, vom Polizistensohn in Graz zum Hollywood-Star, Multimillionär, Ehemann einer Kennedy-Nichte und Politstar in den USA geht niemals glatt. Unterwegs passieren Unfälle, es gibt Konkurrenten und Machtkämpfe, man macht schlimme Fehler. Seine wüsten Frauengeschichten gehören zur Negativbilanz, aber auch Intrigen gegen leidenschaftlich gepflegte Intimfeinde. In seiner Heimat Österreich wird ihm zudem übel genommen, dass er als Gouverneur Gnadengesuche von Todeskandidaten abgelehnt hat. In Graz wurde als Protestaktion sogar dasSchwarzenegger-Stadion wieder umbenannt.
Privat lebt Arnold Schwarzenegger großmännisch, aber auch altmodisch. Mit seiner Frau und seinen vier Kindern geht er sonntags in Santa Monica in die katholische Kirche. Dabei legt er Wert darauf, dass seine Frau in der Öffentlichkeit keine Hosen, sondern Kleid oder Rock trägt. Seine am wenigsten bekannte Karriere, die als aggressiver und kluger Investor, hat ihn über die Filmgagen hinaus noch viel reicher gemacht: Auf 800 Millionen Dollar wird sein Vermögen geschätzt. Das reicht für die Hobbys: schnelle Autos, Motorräder und Strandvillen.
Außer der Präsidentschaft gibt es keinen Erfolg, der ihm verwehrt blieb. Sogar akademische Weihen kamen spät hinzu: Den Spöttern daheim zum Trotz hat Arnold Schwarzenegger inzwischen mehrere Ehrendoktortitel eingeheimst. Gelassen kann er denen, die ihn immer noch für blöd halten, an seinem 60. Geburtstag am Montag eine lange Nase drehen.
Die Diskussion ist geschlossen.