Alec Baldwin erschießt Kamerafrau: Gab es massive Sicherheitspannen?
Wie Schauspieler Alec Baldwin beim Filmdreh versehentlich die Kamerafrau Halyna Hutchins erschießen konnte, bleibt unklar. Aber es gibt Kritik von der Crew.
Wenn sie in Hollywood Erfahrung mit dem filmgerechten Einsatz von Schusswaffen haben müssten, dann ja wohl in der Western-Hochburg schlechthin. Auf der Bonanza Creek Ranch im Norden des US-Bundesstaates New Mexico sind unzählige solcher Streifen entstanden. Der erste 1955: „Der Mann aus Laramie“ mit James Stewart. Über die Jahrzehnte wuchs eine regelrechte Filmstadt heran mit Wild-West-Gebäuden, Teichen und einer entsprechenden Landschaft. John Wayne und Robert Redford haben hier gedreht, Paul Newman, Kirk Douglas, Kevin Costner, auch Terence Hill. Trotz des Namens Bonanza aber nicht die „Cartwrights“ um Lorne Greene, die produzierten in Kalifornien und Nevada.
Allerdings sagt die Historie des Drehortes nichts über die Sicherheitsmaßnahmen am Set aus. Dafür ist jede Produktionsfirma selbst verantwortlich. Auch Rust Movie Productions, die am Donnerstag gerade den Low-Budget-Western „Rust“ drehten, als Hollywood-Star und Hauptdarsteller Alec Baldwin, 63, mit einer Requisitenwaffe versehentlich die Kamerafrau Halyna Hutchins erschoss und Regisseur Joel Souza verletzte. Wie das passieren konnte, ist noch immer weit gehend unklar.
Der Fernsehsender CNN und sein lokaler Partnersender Koat zitierten am Wochenende aus einem Polizeibericht, in dem unter anderem die Aussage des Regieassistenten festgehalten war, der die Waffe an Baldwin übergeben hatte. Demnach habe dieser geglaubt, die Waffe enthalte keine Munition. Als der Schauspieler diese jedoch abfeuerte, kam es zu der Tragödie. Dem Bericht zufolge wurde die 42-jährige Chef-Kamerafrau Hutchins in die Brust getroffen, der hinter ihr stehende Regisseur Souza, 48, in die Schulter. Eine offizielle Stellungnahme zum Ablauf des Geschehens hat die Polizei bis Sonntagfrüh (Ortszeit) allerdings noch nicht veröffentlicht.
Die Polizei veröffentlichte drei Tage nach dem Vorfall Details aus zwei Untersuchungsberichten. Demnach hatte ein Regieassistent Schauspieler Alec Baldwin bei der Übergabe der Pistole versichert, dass es sich um eine "kalte Waffe" ohne Munition handele. Der Assistent habe nicht gewusst, dass eine Patrone in der Waffe steckte, heißt es in dem Bericht weiter.
Der Regieassistent, der Baldwin die Waffe gab, habe bereits bei einer früheren Produktion Sicherheitsstandards verletzt, hatte am Sonntag eine Technikerin für Spezialeffekte und Pyrotechnik dem Sender NBC gesagt. Sie hatte mit dem Assistenten demnach 2019 für die Reihe "Into the Dark" beim Streaminganbieter Hulu gearbeitet. Das Produktionsteam dort erklärte, dass keine Beschwerden damals vorgebracht worden seien.
In der Waffe von Alec Baldwin steckte angeblich nur eine Patrone
Unklar ist also auch noch, um welche Art von Munition es sich gehandelt hat beziehungsweise inwiefern es zu einer Fehlfunktion der Waffe kam. „Wir haben noch keine Details zur Patrone, die in der Waffe war“, hatte ein Polizeisprecher am Freitag erklärt. Die Gewerkschaft IATSE schrieb nach Angaben der Los Angeles Times in einer Mail, dass die Waffe mit einer einzigen Patrone bestückt gewesen sei, einer „single live round“. Dieser Begriff sei eine gebräuchliche Umschreibung in der Branche und könne sowohl für eine scharfe als auch für eine Platzpatrone stehen. Üblicherweise ist ein Requisiteur oder aber ein lizenzierter Waffenmeister für die am Filmset benutzten Waffen zuständig, so die Zeitung. Scharfe Munition sei bei der Produktion verboten.
Nach einem weiteren Bericht der Los Angeles Times sollen sich Mitarbeiter am Drehort über mangelnde Sicherheitsvorkehrungen beschwert haben. Das Blatt berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, mehrere Mitarbeiter der Kamera-Crew hätten wenige Stunden vor dem tödlichen Vorfall aus Protest gegen die Arbeitsbedingungen das Set verlassen. Die in Hollywood üblichen Sicherheitsprotokolle seien nicht strikt befolgt worden, und auch versehentlich ausgelöste Schüsse habe es bereits gegeben, hieß es. Auch am Regieassistenten gab es Kritik. Es sei seine Aufgabe gewesen, die Waffe noch einmal abschließend zu prüfen, bevor er sie Baldwin übergeben habe, sagten Crew-Mitglieder der Nachrichtenseite Daily Beast. Der verletzten Regisseurs Joel Souza bestätigte gegenüber der Polizei, dass am Donnerstagmorgen eine neue Kameracrew engagiert werden musste, weil ein davor eingesetztes Team die Produktion verlassen hatte.
Rust Movie Productions wies die Vorwürfe zurück. Es seien keine offiziellen Beschwerden über die Sicherheit von Waffen oder Requisiten am Set bekannt gewesen, zitierte die New York Times aus einer Mitteilung. Während des Produktionsstopps werde man jedoch die eigenen Abläufe intern überprüfen. Die Aufmerksamkeit der US-Medien richtete sich zuletzt auch auf die 24-jährige Waffenmeisterin, die für die ordnungsgemäße Handhabung aller Waffen am Set zuständig war. „Rust“ war nach „The Old Way“ unter Regie von Brett Donowho erst der zweite Film, an dem sie in dieser Funktion beteiligt war.
Kritik gibt es vor allem an der für "Rust" zuständigen Waffenmeisterin
Daily Beast berichtete unter Berufung auf zwei an der Produktion beteiligte Quellen, dass es bei „The Old Way“ mit Nicolas Cage und Clint Howard Vorfälle gegeben haben soll, die Besorgnis bei Crew-Mitgliedern ausgelöst hätten. So soll die Produktion kurzzeitig gestoppt worden sein, nachdem die 24-Jährige einer elfjährigen Schauspielerin eine Waffe gegeben habe, ohne sie vorher ordnungsgemäß zu prüfen. Der Requisiteur des Films sagte der Los Angeles Times, dass er von ihr trotz anfänglicher Skepsis einen positiven Eindruck gehabt habe und überrascht sei, dass der tödliche Vorfall nun unter ihrer Aufsicht passiert sei.
Der verletzte „Rust“-Regisseur Souza hat inzwischen das Krankenhaus verlassen. Er teilte mit: „Ich bin tieftraurig über den Tod meiner Freundin und Kollegin Halyna.“ Alec Baldwin soll sich bereits mit dem Witwer von Halyna Hutchins getroffen haben. Auf der Bonanza Creek Ranch wurde der Dreh vorerst eingestellt. Wann und ob überhaupt er fortgesetzt wird, kann derzeit niemand sagen. (mit dpa)
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Am Ende trägt der Schauspieler erhebliche Mitschuld am Unglück. Seine Pflicht wäre es gewesen die Waffe auf den Ladezustand zu nach Übergabe zu prüfen. Bei Revolvern sehr einfach Trommel herauskippen und dann sieht man ob Patronen in den Kammern sind. In den USA gelten bei Militär und Polizei dieselben strengen Regeln beim Umgang mit Waffen wie in Europa- aus eigener Erfahrung im Lande. Nur die Verwahrung der Munition wird lockerer gehandhabt. Aber das tut im vorliegenden Fall nichts zur Sache. Eine geladene Waffe ist kein Spielzeug, das man einfach Mal ausprobiert ohne grundlegende Sicherheitsvorschriften einzuhalten.