Eine Insel aus Plastikmüll
Augsburg Die leere Wasserflasche achtlos weggeworfen. Die Brotzeit ausgepackt, die Einkaufstüte bleibt am Strand zurück: So kommt es, dass in den Weltmeeren gewaltige Mengen Kunststoffmüll schwimmen. Eine spektakuläre Idee aus den Niederlanden soll dieses Umweltproblem nun lösen - eine künstliche Insel komplett aus Plastikschrott.
"Recycled Island" (deutsch "wiederverwertete Insel) nennt das holländische Architektenteam um Ramon Knoester sein Projekt. Ziel ist es, den Abfall aus dem Meer in einen Baustoff umzuwandeln. An Material dürfte es nicht mangeln: Allein im Pazifik treiben bis zu 44 000 Tonnen Plastik. Um die Transportkosten zu minimieren, soll die Insel genau dort, zwischen Hawaii und San Francisco, entstehen. Zumindest vorläufig: "Da Recycled Island als schwimmende Insel errichtet wird, ändert sich ihre Position mit den Meeresströmungen", erklärt Knoester. Auf einer Fläche von etwa 10 000 Quadratkilometern könnten eine halbe Million Menschen Platz finden. Auch darum geht es dem Architekten: Er möchte neuen Lebensraum schaffen für Menschen, die aufgrund der Klimaerwärmung ihr Zuhause verloren haben. Auf der Plastikinsel sollen sie im Einklang mit der Natur leben: Sonnenenergie und Wasserkraftwerke sorgen für Strom, Seetang und kompostierbare Toiletten machen die Insel fruchtbar. Zahlreiche Kanäle plant Knoester ebenfalls: "Man könnte an eine moderne und grüne Version von Venedig denken."
Die Finanzierung ist noch unklar
Der Holländer ist allerdings nicht der Erste, der sich Gedanken über die Wiederverwertung von Plastik macht. Mit einem Schiff aus recyceltem Kunststoff segelte der Umweltaktivist und Bankierssohn David de Rotschild erst kürzlich von San Francisco nach Sydney, um auf die Meeresverschmutzung aufmerksam zu machen. Auch eine Mini-Insel war schon da: In einer Lagune des Karibischen Meeres bezog der Brite Richie Sowa 1998 ein schwimmendes Reich aus Bambusrohren und Holzplatten. Für den Auftrieb sorgten 250 000 Plastikflaschen.
Das Neue an Knoesters Idee: Das Baumaterial soll aus dem Wasser gefischt werden. Umweltschützer bezweifeln allerdings, ob dies möglich ist. "Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass die Plastikteilchen herausgesaugt werden", sagt Iris Menn von Greenpeace. Der viele Müll in den Ozeanen bereitet auch der Meeresexpertin Sorgen. Der Plastikabfall treibe meist in zerkleinerter Form im Wasser. Vögel reagierten auf die glitzernden Teilchen, doch ihre Mägen seien für diese Art der Nahrung natürlich nicht gemacht. Ganz kleine Partikel werden von Fischen gefressen - und landen über die Nahrungskette am Ende sogar bei uns auf dem Teller.
Doch selbst wenn es den holländischen Architekten gelingt, das Meer zu säubern, ist das Projekt noch lange nicht durch. "Im Moment forschen wir mit kleinem Budget und sind auf der Suche nach Investoren", gibt Knoester zu. Wie teuer der Bau der Insel tatsächlich wäre, kann er ebenso wenig abschätzen wie die Dauer der Umsetzung. "Bis Anfang 2011 soll ein Prototyp konstruiert werden", kündigt der Niederländer an. Bis dahin gilt es, noch ein weiteres Problem zu lösen: Noch hat kein Land Interesse an Recycled Island angemeldet.
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