
Allgäuerin Nina Menegatto ist die neue Fürstin von Seborga

Plus Nina Menegatto aus Kempten ist die neue Regentin des selbst ernannten Fürstentums Seborga. Welche Ziele die 41-Jährige als "principessa" durchsetzen will.
Wer mit „la principessa“ – auf Deutsch Prinzessin oder Fürstin – einen Spaziergang durch ihr kleines Reich hoch oben in der italienischen Provinz Ligurien macht, sollte sich Zeit nehmen. Seborga heißt der Ort und „la principessa“ kennt dort nicht nur jeden Winkel, sondern vor allem die Einheimischen. Nina Menegatto aus Kempten wurde am Donnerstag in dem 320-Seelen-Bergdorf Seborga, das sich als autonomes Fürstentum sieht, zur „Fürstin“ gekrönt.
Nina Menegatto aus Kempten ist offiziell die "Fürstin von Seborga"
Der Andrang beim Krönungsakt war groß. Handys und Fotos wurden gezückt, TV-Kameras liefen als die 41-Jährige im königsblauen Spitzenkleid, flankiert von einer Garde zum Kirchentor schritt. Dort erwarteten sie die Dorfältesten, die ihr als Symbole ihrer Regentschaft die Amtskette umlegten und den Stadtschlüssel überreichten. Als „Regierungschefin“ vereidigte die Gekrönte ihr „Kabinett“, das wie sie selbst auf die Verfassung schwören musste. Ihren Bürgern versprach sie Wohlergehen. Diese quittierten das mit dem Begeisterungsruf: „Viva la principessa Nina“.
Selbst Touristen sprechen die Frau im weißen Kleid an diesem Vormittag an: „Sind Sie die Fürstin hier?“ Um dann lächelnd oder auch ein bisschen amüsiert die märchenhafte Geschichte einer jungen Frau zu hören, die in diesen Tagen großes Medieninteresse auf sich zieht.
Die Regentin will Seborga, dessen Haupteinnahmequelle der Export von Mimosen ist, nicht nur wirtschaftlich voranbringen. „La principessa“ will vor allem eins: die Anerkennung der Unabhängigkeit Seborgas. Dazu will die Allgäuerin bis ins Geheimarchiv des Vatikans vordringen. Dort vermuten seborginische Historiker jene Dokumente, die besagen sollen: Seborga gehöre nicht zum Staat Italien.
Autonomie für das "Fürstentum Seborga" - was hat es mit dem Bergdorf auf sich?
Es ist gerade die Geschichte der nicht anerkannten Autonomie, die in Seborgas mittelalterlichen Gassen gerne wiedergegeben wird. Diese Geschichte passt so perfekt zu dem malerischen Ort, der in eine fast unberührte Landschaft eingebettet ist, wie das Märchen von „Prinzessin Nina aus dem Allgäu“. Als diese vor 22 Jahren mit ihrem damaligen Ehemann Marcello zum ersten Mal von ihrem Wohnsitz Monaco aus in das benachbarte Städtchen mit Blick auf die Mittelmeerküste kam, wollte die Kemptenerin, die Betriebswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing studiert hat, eigentlich nur eines: ein Haus im Grünen, um Tiere zu halten. „Die sind doch alle verrückt“, habe sie damals über die Bewohner gedacht, als sie von der Geschichte um das „Fürstentum“ hörte. Nicht ahnend, dass sie später beim Streben der Seborginis nach Autonomie selbst eine Schlüsselrolle spielen sollte
Denn das erwarten viele Einwohner von ihrer „principessa“. Für Delici Gradi zum Beispiel, die einen Souvenirladen betreibt mit regionalen Produkten wie Olivenöl und Wasser, ist das Ziel der Unabhängigkeit eine wichtige Aufgabe der Regentin. Die Seborginerin setzt dabei auf steigende Touristenzahlen – und vor allem auf „unsere Prinzessin zum Anfassen“, sagt sie und lacht.
„Toll, welche Gedanken sich die Menschen hier über ihre Geschichte machen und versuchen, diese touristisch aufzuziehen“, finden Wolfgang Kremser und Christiane Klein. Der gebürtige Thannhausener (Kreis Günzburg) und seine Frau haben ein Haus in Seborga und lassen mit anderen die Einwohnerzahl des Ortes von regulär 320 auf 2000 in den Sommermonaten steigen.
Kabinett von Seborga: Das Bergdorf hat auch verschiedene Minister
Das Geschichtsbewusstsein ihrer Heimatgemeinde ist auch Renata Leone wichtig. Die 70-Jährige war 40 Jahre lang unter den Vorgängern von Nina Menegatto „Familienministerin“ und hat versucht, den lokalen Dialekt und die Ortsgeschichte in die Schule zu tragen. Mittlerweile gibt es die Schule nicht mehr. Wie so einiges andere auch. Eine Apotheke, ein Modegeschäft, mehr Läden – das sind Wünsche an die Regentin.
Die „Fürstin“, die im Nachbarstaat Monaco ihren Hauptwohnsitz hat und dort als Immobilienverwalterin ihr Geld verdient, setzt auf Wellness und Gesundheit. Im Ort selbst will sie Künstler aktivieren. Galerien wie die der Amerikanerin Linda McCluskey sollen Seborga nicht zu einem abgehobenen Künstlerdorf machen, sondern Touristen etwas bieten. In den Geschäften sollen die Kunden mit der seborginischen Währung, dem Luigino, bezahlen, dessen Wert sechs Dollar entspricht. Im Winter wird das Bild der „Fürstin“ die Münzen zieren.
Das Bergdorf hat nicht nur eine eigene Verfassung, sondern auch ein „Kabinett“ aus zehn Ministern, die teils gewählt, teils von der „Regierungschefin“ ernannt werden. Sie alle – wie auch die „Fürstin“ – arbeiten ehrenamtlich. Der Wirtschaftsminister zum Beispiel arbeitet hauptberuflich im Restaurant, der Außenminister in einer Tortellini-Fabrik. Die Tourismusministerin dagegen hat einen Job, der ihrem Titel Ehre macht. Serra Maria Carmela leitet das Tourismusbüro – mit einem ganz speziellen Sortiment. Hier gibt es seborginische Pässe ebenso wie Autokennzeichen und Münzen. Alles vom Staat Italien offiziell nicht anerkannt, aber wohlwollend geduldet.
Lesen Sie dazu auch:
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um die Karte von Google Maps anzuzeigen
Hier kann mit Ihrer Einwilligung ein externer Inhalt angezeigt werden, der den redaktionellen Text ergänzt. Indem Sie den Inhalt über „Akzeptieren und anzeigen“ aktivieren, kann die Google Ireland Limited Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten, auch in Staaten außerhalb der EU mit einem niedrigeren Datenschutz Niveau, worin Sie ausdrücklich einwilligen. Die Einwilligung gilt für Ihren aktuellen Seitenbesuch, kann aber bereits währenddessen von Ihnen über den Schieberegler wieder entzogen werden. Datenschutzerklärung
Die Diskussion ist geschlossen.