Immer wieder Anschläge - wie ein Pfarrer die Angst in Burkina Faso erlebt
Burkina Faso ist einer der ärmsten Staaten der Welt. Oft gibt es Anschläge – in diesem Jahr ist es besonders schlimm. Emanuel Sawadogo spricht von einer Katastrophe.
Emanuel Sawadogo redet nicht groß drum herum. Was soll er auch sagen, angesichts der viele Toten und der hunderttausenden Menschen, die ihre Heimat verloren haben. Also sagt Sawadogo: „Es ist eine humanitäre Katastrophe.“ Er meint damit die dramatische Situation in Burkina Faso, seiner Heimat. Und die spitzt sich immer weiter zu.
Seit Jahren wird der westafrikanische Staat, der zu den ärmsten der Welt zählt, von Unruhen gebeutelt. In diesem Jahr ist es besonders schlimm. Viele Menschen flüchten aus den nördlichen Grenzgebieten Richtung Süden, etwa nach Kaya, wo Sawadogo wohnt. Davor hat er in Deutschland gelebt. Er hat dort studiert und war vier Jahre lang Pfarrer in Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg. Gerade eben war er wieder zu Besuch in Schwaben. Sawadogo ist besorgt. Denn in diesem Jahr gebe es einen Anschlag nach dem anderen, sagt er.
Etwa am Sonntag vor einer Woche. Terroristen griffen einen Lebensmittelkonvoi in der Provinz Sanmatenga – wo auch die Stadt Kaya liegt – an und töteten 14 Menschen. Unweit davon war am selben Tag ein Lastwagen über einen Sprengsatz gefahren, dabei starben mindestens 15 Menschen. Die Afrikanische Union (AU) hat die beiden Angriffe scharf verurteilt. Sie seien das jüngste Anzeichen dafür, wie ernst die Bedrohung des Terrorismus in der Sahelzone sei, teilte AU-Kommissionschef Moussa Faki Mahamat mit. In den Staaten der Sahelzone – einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt – sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben dem Islamischen Staat oder Al-Kaida die Treue geschworen. Vor allem in Mali kommt es immer wieder zu Anschlägen, genauso wie in den angrenzenden Ländern, darunter Burkina Faso. Mehr als 570 Menschen wurden dort bislang getötet. Hunderttausende wurden durch die Kämpfe vertrieben.
Mehr als 70 Prozent der Menschen in Burkina Faso sind Analphabeten
In Kaya, wo Pfarrer Sawadogo wohnt, gibt es inzwischen mehr als 30.000 Flüchtlinge. „Den Menschen geht es nicht gut“, sagt Sawadogo. „Vor allem die Unterbringung ist ein großes Problem. Viele Menschen müssen im Freien schlafen“ Auch zahlreiche Kinder sind unter den Flüchtlingen – doch die Schulen sind voll und könnten keine Schüler mehr aufnehmen, erzählt Sawadogo, der selbst 30 Schulen leitet. Dass die Kinder aber Zugang zu Bildung erhalten, sei immens wichtig – denn in Burkina Faso sind mehr als 70 Prozent der Menschen Analphabeten. Nur in Niger sind es mit 80 Prozent noch mehr. „Das Land kommt nicht zur Ruhe und das stört die Bildungsarbeit“, sagt Sawadogo.
Hilfe bekommt er aus Deutschland. Nachdem der Pfarrer Jettingen-Scheppach vor einigen Jahren verlassen hatte, formierte sich dort ein Förderverein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Bildungsarbeit von Sawadogo zu unterstützen. „Das Land ist arm, wir wollen ihm bei seinem Engagement helfen“, sagt Silvia Gräfe, die Vorsitzende des Fördervereins „Kaya Emanuel“, der Lehrerfortbildungen bezahlt, armen Kindern den Besuch einer Schule ermöglicht oder Tische und Stühle anschafft. Zudem konnte der Verein 150 Kinderpatenschaften vermitteln. Auch Gräfe macht die Situation vor Ort Sorgen. „Die Unruhen sind wirklich ein riesengroßes Problem“, sagt sie.
Eine Milliarde Dollar für den Kampf gegen den Terror
Für den Kampf gegen den Terrorismus in der Sahelzone will die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas nun Mittel im Wert von einer Milliarde US-Dollar freimachen. Die Mittel für die umfassenden Sicherheitspläne sollten zwischen 2020 und 2024 investiert werden. Das beschlossen die Ecowas-Mitglieder am Samstag auf einem Gipfel in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou. Der Terrorismus bedrohe nicht nur den Frieden und die Stabilität in der Region, sondern auch deren demokratische Institutionen und wirtschaftliche Entwicklung, sagte Nigers Präsident Issoufou Mahamadou, der den Vorsitz der Staatengemeinschaft innehat. Die wachsende terroristische Bedrohung in der Sahelzone erfordere die Kooperation und Solidarität zwischen den Staaten, ergänzte Burkina Fasos Präsident Roch Marc Kaboré. Sie müssten ihre Kräfte bündeln, um diese „Plage“ bekämpfen zu können. (mit dpa)
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