Mordfall Bögerl: Falscher Informant muss vor Gericht
Im Mordfall Bögerl beschäftigt ein falscher Informant das Gericht. Der 41-Jährige will eine milde Strafe erreichen. Die Verhandlung wirft den Blick zurück auf einen filmreifen Fall.
Er führte die Beamten der Sonderkommission zum Mordfall Maria Bögerl sieben Monate lang hinters Licht. Ein 41-jähriger Mann versorgte und erpresste die Ermittler der Soko "Flagge" mit falschen Hinweisen und kassierte dafür Tausende Euro - bis seine Masche aufflog.
Bögerl-Informant kassierte Geld
Der Fall des falschen Soko-Informanten wird am Donnerstag (13.30 Uhr) vor dem Landgericht Ellwangen (Ostalbkreis) neu aufgerollt. Denn der 41 Jahre alte Mann hatte gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidenheim vom November 2013 Berufung eingelegt. Damals wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
"Der Mann hat die Soko getäuscht, weil er vorgegeben hat, Infos zum Fall zu haben", erläutert der Ellwanger Gerichtssprecher Thomas Baßmann. Er habe gedroht, Informationen und Beweismittel verschwinden zu lassen, wenn er kein Geld bekomme. Dazu gehörten Fotos, die der 41-Jährige den Ermittlern anbot. Sie sollten angeblich die Täter und die ermordete Bankiersgattin zeigen. Der Mann gab sogar vor, eine Zigarettenkippe vom Täter und ein Stück Folie, in der die Leiche eingewickelt gewesen sein sollte, zu besitzen. Um nicht gleich aufzufliegen, wandte er sich mit verschiedenen Identitäten an die Polizei.
Entführung und Ermordung von Maria Bögerl
Seit viereinhalb Jahren beschäftigt die Entführung und Ermordung von Maria Bögerl die Ermittler. Die Täter forderten im Mai 2010 300.000 Euro Lösegeld von ihrem Ehemann, dem ehemaligen Chef der Heidenheimer Sparkasse. Doch eine Übergabe scheiterte. Unter Tränen richtete die Familie des Opfers im Fernsehen einen Appell an die Entführer: "Bitte geben Sie uns unsere geliebte Mama, meine Frau, wohlbehalten zurück. Sie hat Ihnen nichts getan."
Anfang Juni 2010, rund einen Monat nach der Entführung, fand ein Spaziergänger die verweste Leiche an einem Waldrand bei Heidenheim. Maria Bögerl wurde erstochen. Ein Jahr danach nahm sich ihr Ehemann das Leben. Zuvor war er zeitweise selbst in Verdacht geraten, in den Fall verwickelt gewesen zu sein. Immer wieder wurden Polizei und Staatsanwaltschaft massiv für ihre Ermittlungen kritisiert. Auch, weil sie dem falschen Soko-Informanten auf den Leim gegangen sind.
Der 41-jährige Mann aus der Kleinstadt Giengen (Kreis Heidenheim) schwärzte zudem mehrere Männer an, in den Mord verwickelt zu sein. "Er hat die Ermittlungen konkret auf bestimmte Personen gelenkt, die aber nichts mit dem Fall zu tun hatten", legt Gerichtssprecher Baßmann dar. Knapp 5000 Euro Aufwandsentschädigung sowie 3500 Euro auf eine erste Drohung hat er erhalten", sagt Baßmann. Weitere 3000 Euro sollten dem falschen Informanten nach weiteren Drohungen ausgezahlt werden. "Die Übergabe erfolgte jedoch zum Schein, weil ihm die Ermittler schon damals nicht trauten."
Seit dem Mord an Maria Bögerl 10.000 Spuren gesammelt
Etwa 10 000 Spuren hat die Polizei seit dem Mord gesammelt. Die entscheidende war bislang nicht dabei. Auch groß angelegte Massen-Gentests in den Kleinstädten Neresheim und Giengen haben noch keine nennenswerte Ergebnisse gebracht. Insgesamt sollten in beiden Ortschaften rund 3800 Männer eine Speichelprobe abgeben. Etwa 150 sind dem Aufruf der Polizei bislang nicht gefolgt. Die Kosten für die DNA-Tests schätzt die Polizei auf etwa 30 Euro pro Test. Macht bei rund 3650 abgegebenen Proben immerhin 109 500 Euro.
Die derzeitigen Ermittlungen bezeichnet der Ulmer Polizeisprecher Wolfgang Jürgens als ein "wenig spektakuläres Geschäft". Es gelte, die noch offenen Spuren abzuschreiten, in der Hoffnung, dass die heiße Spur dabei ist. "Dafür muss man einen langen Atem haben."
Wie lange sich die Justiz noch mit dem falschen Soko-Informanten beschäftigt, ist unklar. Gegen das Urteil vom Landgericht Ellwangen kann der Angeklagte Revision einlegen, wie Sprecher Baßmann sagt. Der Fall geht dann an das Oberlandesgericht. "Dann ist aber Schluss", sagt Baßmann. Weitere Revisionen seien nicht mehr möglich. Valentin Gensch, dpa
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