Horrormeldungen über die Schweinegrippe
Nachrichtenseiten verbreiten die Horrormeldung, dass bald jeder dritte Deutsche mit Schweinegrippe infiziert sein könnte. Niko Steeb sprach darüber mit dem Virologen Manfred Wolff.
Augsburg/Witten - Panikmache oder ernste Gefahr. Wir sprachen darüber mit dem Virologen Manfred Wolff von der Universität Witten/Herdecke.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt davor, dass bis Herbst jeder Dritte mit Schweinegrippe angesteckt sein könnte. Manfred Wolff hat Zweifel, da es sich um Prognosen handelt, "die keiner richtig machen kann". Wolff weiter: "Influenza-Viren neigen dazu, sich zu verändern, das stimmt. Das tun sie aber alle und in jedem Jahr. Ob es durch eine Mutation aber virulenter wird, oder, ob überhaupt etwas passiert, kann niemand vorhersagen." Den Virologen bestätigen dabei Fälle aus einer Kölner Schule, bei der alle Fälle milde verliefen. "Dass sich das Virus aber ausbreitet, das ist eine Tatsache."
Die Mutationen entstehen dadurch, dass Viren bei ihrer Vermehrung nicht ihre Erbsubstanz genau ablesen. Die Chance, dass das Schweinegrippen-Virus gefährlich mutiert, ist dabei "nicht höher als bei allen anderen RNA-Viren".
Laut Manfred Wolff, der weder Panik machen noch Entwarnung geben möchte, wäre ein neu entstandenes Virus aber tatsächlich eine große Gefahr: "Dieses neue Virus würde auf eine Bevölkerung treffen, die nicht immun dagegen ist."
Der Virologe Alexander Kekué vermutet in einem Interview auf Welt-Online, dass sich bereits mindestens zehnmal mehr Deutsche mit der Schweinegrippe angesteckt haben, als offiziell gemeldet. Mannfred Wolff von der Universität Witten will keine Einschätzung geben, wie viele Menschen tatsächlich infiziert sind: "Es ist sehr schwierig zu sagen, ob wirklich alle gemeldet sind. Der Verlauf der jetzigen Schweingegrippe ist sehr milde. Es kann gut sein, dass es den ein oder anderen gibt, der einen leichten grippalen Infekt hat und es nicht bemerkt." Jede Art von Manipulation schließt Manfred Wolff aber aus: "Die Ämter halten nichts zurück."
Der Chef des Marburger Instituts für Virologie, Stephan Becker, vermutet in einem Bericht auf Welt-Online, dass sich die Ausbreitung des Virus nicht mehr verhindern lässt. Oft wird die heutige Schweinegrippe mit der Spanischen Grippe von 1918 verglichen, die damals mehrere Million Opfer forderte. Auch hier kann Manfred Wolff beruhigen: "Die Spanische Grippe war schlimm, aber sie fiel in die Zeit von 1918. Es war die Zeit des Ersten Weltkriegs und von Hunger. Den Menschen ging es nicht gut. Die Viruserkrankung hatte einen guten Nährboden." Man solle nicht den Teufel an die Wand malen. Natürlich könnten viele erkranken und auch sterben. "Dass aber so viele sterben wie damals, würde ich bezweifeln", sagt der Virologe.
Eine interessanten Vergleich schiebt Wolff nach: "Jedes Jahr sterben in Deutschland 5000 bis 7000 Menschen an der normalen Grippe. Die Schweinegrippe ist derzeit eigentlich weniger gefährlich als die normale." Man dürfe nun keine Panik machen, was aber nicht hieße, nicht entsprechende Vorsichtsmaßnamen zu ergreifen. Dazu zählen für den Virologen Manfred Wolff häufigeres und längeres Händewaschen als gewöhnlich, das Putzen von Türklinken und im Ernstfall die Öffentlichkeit zu meiden. Sollte es so weit kommen, sollten die Menschen auch Schutzmasken tragen. Augenzwinkernd fügt Wolff hinzu: "Es gibt jetzt eine neue Niestechnik, das "hygienische Niesen". Dabei niest man in den Ellenbogen. Ob das allerdings so viel bringt, weiß ich nicht."
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