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Neresheim
17.02.2014

Massengentest im Fall Bögerl: Einer muss es gewesen sein

DNA-Reihenuntersuchung: Rund 3000 Männer aus Neresheim sollen eine Speichelprobe für einen groß angelegten DNA-Test im Mordfall Bögerl abgeben.
Foto: Bodo Marks/Archiv (dpa)

Fast vier Jahre liegt der Mord an Maria Bögerl zurück. Vom Täter fehlt jede Spur. Jetzt versucht es die Polizei mit einem Massengentest. Was dies mit einer Kleinstadt macht.

Einer muss es ja gewesen sein. Einer hat Maria Bögerl umgebracht. Vielleicht waren es sogar mehrere Täter. Noch nicht einmal das scheint klar zu sein fast vier Jahre nach dem Mord. Am Wochenende nun hat die Polizei in der baden-württembergischen Kleinstadt Neresheim zum Massengentest geladen. Rund 3000 Männer sollten freiwillig ihre DNA untersuchen lassen. Die Ermittler vermuten: Einer von ihnen ist der Mörder. Aber wer? Ein ganzer Ort steht unter Generalverdacht. Bis Sonntag Abend gaben mehr als 1300 Männer eine Speichelprobe ab.

Fall Bögerl: Ein ganzes Dorf unter Generalverdacht

Angenehm fühlt sich das nicht an. Neresheim, knapp 8000 Einwohner, nur wenige Kilometer entfernt von der Grenze zu Bayerisch-Schwaben. Mittendrin, im Gasthaus Stern, sitzen zehn Männer am Stammtisch. Sie wissen, dass auch sie zum DNA-Test gehen sollen. Die Gespräche schwanken zwischen dummen Witzen und Unbehagen. „Geh du hin und sag einfach, du warst es“, sagt einer zu seinem Nebensitzer, „dann ist der Fall endlich erledigt.“ Der Angesprochene grinst müde. „Wenigstens kann man bei diesem Test nicht ablesen, wie’s um die Leberwerte steht“, witzelt ein anderer.

Die Übrigen am Tisch halten sich an ihren Bierkrügen fest. Zu einem Lachen kann sich keiner überwinden. Zu lange schon schwelt diese Ungewissheit. Zu oft schon haben sich Polizei und Staatsanwaltschaft in dem Fall verrannt. Zu viel ist passiert. Und noch immer weiß man viel zu wenig.

Nur das ist sicher: Einer muss es gewesen sein. Am 12. Mai 2010 entführte jemand die Bankiers-Ehefrau Maria Bögerl in ihrem Auto aus dem Haus der Familie im Nachbarort Schnaitheim, der zu Heidenheim gehört. Stunden später, heißt es, klingelte das Telefon ihres Ehemannes Thomas. Der war damals Vorstandschef der Kreissparkasse Heidenheim. Der Entführer soll den Dialekt gesprochen haben, der für die Gegend typisch ist. Die Übergabe des Lösegeldes scheiterte. Das Auto der 54-Jährigen fand die Polizei zwei Tage später auf dem Parkplatz des Neresheimer Klosters.

Schließlich entdeckte ein Spaziergänger die Leiche rund drei Wochen danach in einem Waldstück nahe der kleinen Ortschaft Niesitz. Jemand hatte die Bankiersfrau erstochen und ihren toten Körper unter einem Haufen Reisig versteckt. Zum Fundort führt von einer Landstraße aus nur ein kleiner Weg. Der sandige Pfad ist schmal und teils von Gras überwuchert. Überall wächst Moos. Dürre Äste und Zweige liegen zwischen den Bäumen. Mehr ist dort heute von dem Verbrechen nicht mehr zu sehen. Sichtbar wird aber: An so einem Ort kommt man nicht zufällig vorbei.

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Schwäbischer Dialekt am Telefon, das am Kloster geparkte Auto und die Leiche in dem abgelegenen Wald – auch deshalb glauben Polizei und Staatsanwaltschaft, dass der Mörder aus Neresheim stammt. „Das ist eine schwierige Situation“, sagt Bürgermeister Gerd Dannenmann. Der Massengentest macht quasi die Hälfte der Bürger in seiner Stadt zu Verdächtigen. Dannenmann versucht, trotzdem das Lächeln zu bewahren und Vorbild zu sein. Vor den Linsen von einem halben Dutzend Fernsehkameras lässt sich der Bürgermeister als Erster das Wattestäbchen für den DNA-Test in den Mund schieben.

Alle Männer der Stadt, die zwischen 21 und 68 Jahre alt sind (also zur Tatzeit zwischen 18 und 65 waren), sollen es ihm nachtun. Wer von ihnen am Wochenende nicht freiwillig zum Test in die Härtsfeldschule gekommen ist, wird in den nächsten Wochen per Brief noch einmal eingeladen. Die Ermittler vergleichen die DNA mit Spuren, die sie vor fast vier Jahren im Auto der Entführten gefunden haben. Ergebnisse sollen erst in einigen Wochen vorliegen. Gibt es keine Übereinstimmung, werden die Abstriche „unverzüglich vernichtet“, sagt Armin Burger von der Staatsanwaltschaft Ellwangen. Ob er wirklich glaubt, dass sich der Mörder von Maria Bögerl freiwillig testen lässt? „Wir hoffen auch auf das Ausschlussprinzip“, sagt Burger.

Bankiersfrau Maria Bögerl ist tot
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Bankiersfrau Maria Bögerl ist tot

Und das treibt die Männer zum DNA-Test. Schon in den ersten Stunden stehen sie in einer langen Reihe an, um den Ermittlern ihre Daten und ihre Speichelprobe zu überlassen. „Ich weiß ja, dass ich es nicht war“, sagt Helmut Braun, 66. „Ich habe nichts zu verbergen“, sagt auch Steffen Glaser, 25. Viele der anderen Männer, die gekommen sind, wollen ihre Namen nicht nennen. Sie schütteln nur schweigend den Kopf. Auch über den Mordfall wollen sie nichts mehr sagen. Viel zu lange ist das alles her. Viel zu viel ist schon geredet worden. Und noch immer weiß man viel zu wenig.

Fall Bögerl: Viele Pannen erschwerten die Ermittlungen

Eine ganze Reihe von Pannen haben den Fall im Laufe der Jahre noch komplizierter gemacht, als er ohnehin schon ist. Das begann bei der geplanten Lösegeld-Übergabe. 300 000 Euro sollte Thomas Bögerl in kleinen Scheinen an einer Autobahn-Unterführung unter einer Deutschland-Flagge ablegen. Doch er schaffte es nicht, die knappe Zeitvorgabe des Entführers einzuhalten. Was genau schiefging, ist bis heute nicht ganz klar. Die Ulmer Bundesbank-Filiale hätte das Geld bereitstellen sollen. Doch die hatte in den entscheidenden Stunden Mittagspause. Und so konnte Bögerl das Lösegeld erst mit 90 Minuten Verspätung an der vorgegebenen Stelle platzieren. Es wurde nie abgeholt.

Auch bei der Suche nach Maria Bögerl wurde offenbar geschlampt. Ein Spaziergänger fand die Leiche, nachdem die Polizei das Waldstück zuvor schon erfolglos durchkämmt hatte. Auch der Versuch, über „Aktenzeichen XY“ weiterzukommen, ging nach hinten los. In der Woche nach ihrem Verschwinden baten Thomas Bögerl und seine Kinder Carina und Christoph in der Fernsehsendung die Bevölkerung um Mithilfe. Viele Zuschauer fanden damals, die Familie hätte bei diesem Auftritt steif und unglaubwürdig gewirkt. Gerüchte gingen um. Aber wie hat jemand auszusehen, dessen Frau oder Mutter gerade entführt wurde? Seit dem Verschwinden von Maria Bögerl waren zu diesem Zeitpunkt erst einige Tage vergangen.

Über 1000 Menschen nahmen in Heidenheim Abschied von der entführten und ermordeten Bankiersfrau Maria Bögerl.
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Trauerfeier Maria Bögerl
Foto: dpa

Weil die Telefonanlage der Bögerls falsche Datums-Angaben gespeichert hatte, verdächtigten auch die Ermittler zwischenzeitlich Thomas Bögerl und seine Kinder einer Mittäterschaft. Als nach Monaten klar wurde, dass es sich um einen technischen Fehler gehandelt hatte, war der Ruf der Familie schon ruiniert. Ein Jahr nach dem Tod seiner Frau erhängte sich Thomas Bögerl im Fitnessraum seines Hauses. Tochter Carina gab 2012 ein Interview, in dem sie Staatsanwaltschaft und Polizei massiv kritisierte. „Das Ausmaß an Pannen hat unser Vertrauen zerstört“, sagte sie. „Die Instanz, die dazu da ist, dir zu helfen, macht tausend Fehler und versinkt in planlosem Aktionismus.“

Ermittler fielen auf falschen Informanten herein

Die Reihe von Pannen ging weiter. Es stellte sich heraus, dass die Ermittler einen womöglich für den Fall wichtigen anonymen Brief einfach liegen gelassen hatten. Das Schreiben war sechs Tage nach der Entführung eingegangen. Der Absender teilte darin mit, dass Maria Bögerl schon tot sei – obwohl die Leiche zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefunden war.

Einen Verdächtigen, der sich weigerte, freiwillig einen DNA-Test zu machen, ließen die Ermittler monatelang überwachen, ohne sein Alibi für die Zeit der Tat genau geprüft zu haben. Hinweisen, die auf einen anderen Verdächtigen in Österreich hindeuteten, gingen sie nicht nach.

Dann führte ein anonymer Anrufer die Polizei monatelang in falsche Richtungen. Der Mann nannte sich „Tom“ und behauptete, in einem Spielkasino bei Heidenheim ein verdächtiges Gespräch zweier Rumänen belauscht zu haben. Er versorgte die Soko „Flagge“ mit Theorien, die er als Tatsachen hinstellte. Sogar den Verkauf von angeblichen Beweisstücken bot er der Polizei an – und ließ sich für all das bezahlen. Also konzentrierten sich die Ermittler auf die „Spielhallenszene“ und nahmen dabei unter anderem den benachbarten Raum Dillingen an der Donau ins Visier. Ohne Erfolg. Im April 2013 flog der Betrug auf. Der falsche Hinweisgeber wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.

Jetzt stellt der Massengentest einen ganzen Ort unter Generalverdacht. Denn einer muss es ja gewesen sein. Das sagt auch der ehemalige Nachbar der Bögerls. Er wohnt nur ein paar Meter neben dem Gebäude, in dem die Familie früher lebte. Eine Mauer aus grau-braunen Holzlatten umgibt das Haus zur Straße hin. Nur auf der Terrassenseite, die Blick auf eine Wiese bietet, ist die Sicht offen. „Das war schon immer so“, sagt der Nachbar. Seinen Namen will er nicht sagen. Aber er erzählt, dass er die Familie gut gekannt hat – lange, bevor Maria Bögerl aus dem Haus hinter der Mauer entführt und ermordet wurde. Und lange bevor deren Ehemann Thomas sich ein gutes Jahr später im Fitnessraum des Hauses das Leben nahm. „Es ist eine Tragödie“, sagt der Mann. Dann will er nicht mehr über den Fall sprechen.

Mord an Maria Bögerl: DNA-Test von 3000 Männern soll Aufschluss bringen

Das Haus, in dem die Bögerls einst lebten, ist mittlerweile verkauft. Eine junge Familie wohnt darin. Die Mauer haben sie mit weißen Schneeflocken beklebt. Maria Bögerl, die anfangs am Waldfriedhof beigesetzt war, wurde nach dem Suizid ihres Mannes umgebettet. Die Kinder haben Mutter und Vater in einem gemeinsamen Grab bestatten lassen. Und jetzt lassen Polizei und Staatsanwaltschaft die DNA von 3000 Männern untersuchen.

Fast vier Jahre nach dem Mord ist noch immer nur das sicher: Einer muss es gewesen sein.

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