Wegen ihrer Musik: Amigos bekommen Morddrohungen
Das Schlager-Duo "Die Amigos" bekommt wegen seiner Musik sogar Morddrohungen. Die Lieder haben durchaus politische Botschaften. Ein Interview mit Bernd Ulrich.
Saludos, Amigos! Darf ich Sie mit dem in Bayern und in der CSU legendären Satz begrüßen?
Bernd Ulrich: Ja klar!
Wissen Sie, wer ihn sagte?
Ulrich: Warten Sie mal...
...Der frühere bayerische Ministerpräsident Max Streibl hat ihn geprägt, als er, schwer in der Kritik, Anfang der 90er Jahre die Gäste beim Aschermittwochstreffen in Passau so begrüßte.
Ulrich: Ach ja, genau – die Amigo-Affäre!
Sind Sie nie auf die Idee gekommen, daraus ein Lied zu basteln?
Ulrich: Ach woher. So politisch wollten wir nie werden.
Unpolitische Themen lassen sich auch besser verkaufen. Ihr neues Album ist wieder extrem erfolgreich. Warum erreichen die Amigos so viele Menschen?
Ulrich: Schwer zu sagen. Aber in der Tat: Es ist unser sechstes Nummer-eins-Album. Wir sprechen unser Publikum auf Augenhöhe an, und diese Menschen mögen halt unsere Musik. So einfach ist das! Ein Mann hat beispielsweise im Internet gepostet: Wenn es uns nicht gäbe, wäre er nicht mehr da. Er würde unsere Musik zum Leben brauchen, sie hätte ihm über eine schwere Krankheit geholfen. Wir singen auch nicht nur über Liebe, wie es manche Kritiker gern darstellen, sondern haben ein breites Spektrum.
Und das wäre?
Ulrich: Wir singen über Themen, mit denen sich viele Leute identifizieren können. Aber wir nehmen auch Stellung zu Dingen, die uns wichtig sind. Wir sind ja Botschafter des Weißen Ringes und transportieren in unseren Liedern auch die Problematik des Kindesmissbrauchs.
Harte Kost für die heile Welt.
Ulrich: Glauben Sie mir, da kommen beim Autogrammeschreiben nach den Konzerten oft Fans und bitten um ein Gespräch. Dann hörst du: Super, toll, dass die Amigos dieses Tabuthema aufgreifen – ich bin eine Betroffene! Dann hörst du eine Geschichte, da läuft es dir kalt den Rücken runter.
Kindesmissbrauch ist tatsächlich ein spezielles Tabuthema.
Ulrich: Es kann doch nicht sein, dass wir da tatenlos zuschauen. Wir wollen mit unseren Liedern die Menschen erreichen, die einen besonderen Bezug zu Kindern haben. Es ist schrecklich, wenn man hört, da hat wieder so einer ein Kind missbraucht und danach sozusagen weggeworfen. Das muss man einfach mal so deutlich sagen.
Klare Aussage.
Ulrich: Die Opfer, die bekommen lebenslänglich. Bei denen wird es nie wieder so sein, wie es war. Das Leben dieser Menschen ist vollkommen kaputt.
Wie beurteilen Sie es: Müsste Missbrauch härter bestraft werden?
Ulrich: Genau so ist es. Diese Typen sind krank, und man muss die Kinder vor ihnen schützen. Wir bauen einen riesigen Rettungsschirm über Europa, aber ein kleiner für unsere Kinder gelingt uns nicht.
Na, die Amigos sind doch politisch.
Ulrich: Wenn Sie so wollen. Auf unserem neuen Album haben wir mit dem Lied „Santa Maria“ auch noch ein anderes Thema behandelt.
Welches?
Ulrich: Die steigende Gewaltbereitschaft der Jugendlichen.
Erzählen Sie...
Ulrich: Früher haben wir uns auch geprügelt, aber wenn einer unten lag, war Schluss. Heute fangen die dann erst richtig an. Dagegen wollen wir ansingen. Wir wollen also nicht mehr nur über die heile Welt trällern. Wir wollen authentisch sein.
Wie seid ihr zum Weißen Ring gekommen. Gab es da ein Schlüsselerlebnis?
Ulrich: Ja. Ganz in der Nähe unseres Heimatdorfes verschwand vor Jahren ein Mädchen, und alle haben es gesucht. Am Ende kam heraus, dass der Nachbar das Mädchen missbrauchte und tötete.
Themensprung, nicht alle mögen Ihre Art von Musik...
Ulrich: Das ist wohl wahr. Und im Internet gibt es auch viele Kommentare, die unter die Gürtellinie gehen. Sogar Morddrohungen gab es schon. Wenn man unsere Songs nicht mag – bitteschön, das soll jeder entscheiden. Auch das Internet ist im Prinzip eine super Sache, aber dass da jeder anonym bedroht werden kann, ohne zur Verantwortung gezogen zu werden, finde ich furchtbar. Da haben sie Mut, diese feigen Typen!
Seit wann machen sie eigentlich schon mit Ihrem Bruder zusammen Musik?
Ulrich: Seit 1964. Wir haben damals alles gespielt, was Spaß gemacht hat – auch Rocksongs. Die Stones, John Fogerty oder CCR. Wir sind über Land getingelt und haben Geld für ein Studio gespart. Das war unser Hobby. Andere gehen Angeln und wir hatten Freude an unserer Musik. Bis 2006 das Angebot von Achims Hitparade kam. Ab diesem Zeitpunkt ging es richtig los. Und Plattenfirmen kamen auf uns zu, auch die, die uns ein paar Monate vorher noch abgelehnt haben.
Das war für Sie ein Fest.
Ulrich: Genauso ist es.
Sie sehen nicht wie die klassischen Erfolgsmenschen von heute aus und räumen wider alle Vorurteile in der Musikbranche ab. Wie sehr freut Sie das?
Ulrich: Das ist schon eine Genugtuung. Die TV- und Radiosender können noch so sehr versuchen, ihren Hörern einzuflüstern, nur unser Sound ist der Gute. Aber die Leute lassen sich nicht an der Nase herumführen. Dafür sind wir der Beweis.
Das Entscheidende ist, die Herzen zu berühren, oder?
Ulrich: Das ist natürlich wichtig. Ein anderer Faktor ist, bei Konzerten 100 Prozent für die Menschen zu geben, die dich hören wollen.
Letzte Frage: Wie wird es beim Musikantenstadl weitergehen?
Ulrich: Ich werde abwarten, was kommt. Aber es ist unheimlich schade, dass das mit dem Andy Borg so gekommen ist. Ich war beim letzten Stadl in Pula dabei, und da wehte ein Hauch von Schwermut durch die Arena. Interview: Josef Karg
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