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Mit Nietzsche auf dem Klo
![Oft stehen auf öffentlichen Toiletten lustige oder philosophische Sprüche. Oft stehen auf öffentlichen Toiletten lustige oder philosophische Sprüche.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
![Mit Nietzsche auf dem Klo](https://www.augsburger-allgemeine.de/img/bilder/crop60505966/8273054465-cv1_1-w40-owebp/Josef-Karg-Online?t=.jpg)
Heute ist Welttoilettentag. Zeit, sich einmal ein paar Gedanken über die Sprüche an stillen Örtchen zu machen.
Bis zur Erfindung der Sani-Fair-Anlage waren sie mehr als nur Örtchen zum Erledigen dringender Bedürfnisse. Öffentliche Toiletten galten bis in die 1990er Jahre als nostalgische und günstige Veröffentlichungsplattformen des meist trivialliterarischen Austausches und der Philosophie. Was man heute auf Facebook lesen kann, stand früher auf Aborttüren.
Wir spülen an dieser Stelle all den literarischen Schmutz, der sich dort auch fand, durchs Wasserklosett und widmen uns ganz den schöngeistigen Beiträgen:
Wenn einer auf dem Lokus sitzt, dann kann er was erzählen.
Angelehnt hat sich der unbekannte Verfasser dieses Klospruchs an Matthias Claudius und seinen Zitatklassiker: „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.“ Auf dem Lokus sitzt der Mensch übrigens noch nicht seit Tausenden von Jahren. Aber bereits 2800 v. Chr. hoben die Mesopotamier die ersten Latrinen aus. Sprüche aus dieser Zeit sind nicht überliefert. Auch nicht aus der Zeit, als der englische Klempner und Erfinder George Jennings sein erstes Wasserklosett 1851 auf der Great Exhibition im Londoner Hyde Park ausstellte. Das war lange Zeit vor der Gründung der Welttoilettenorganisation 2001, welche heutzutage die weltweite Verbesserung der hygienischen Verhältnisse an oder in Toiletten zum Ziel hat. Von ihr stammt auch der für heute ausgerufene Welttoilettentag.
Politische und philosophische Toilettensprüche
Genug geschwafelt: Klotür zu und – klack, den Riegel umgedreht: Weg ist die äußere Welt. Und wo kann der Mensch ehrlicher sein als in der Anonymität einer Toilettenkabine? Hier kann er fernab der Konventionen spontan und ohne Zeitdruck der Menschheit mitteilen, was ihn in seinem Innersten beschäftigt. So zum Beispiel Politik:
Atomkraftgegner überwintern bei Kerzenschein und kaltem Hintern.
Doch es geht natürlich auch anders, sozusagen durch die philosophische Hintertür. Einer der bekanntesten Klosprüche lautet:
Gott ist tot. (Nietzsche)
Nietzsche ist tot. (Gott)
Tote reden nicht. (Django)
Grundlage dafür sind die Sätze: „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet.“ Friedrich Nietzsche (1844 – 1900), Wegbereiter des Existenzialismus, hat ihn in seinem Werk „Zarathustra“ erdacht. Und auch ein weiterer nihilistischer Klospruch könnte sich auf den großen Nietzsche beziehen, der vermutlich an den Folgen einer Syphilis starb:
Das Leben ist eine geschlechtlich übertragene Krankheit.
Tja, in der Tat haben die meisten Toilettensprüche eher niedrigen literarischen Anspruch. So wie dieser, der ebenfalls von einem unbekannten Poeten stammt – und mit dem dieser Text enden soll: Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht.
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