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Westafrika
05.06.2023

Wie die Fischzucht dafür sorgt, dass in Westafrika der Fisch knapp wird

Es klingt nach einer Erfolgsgeschichte: Fischabfälle werden nicht weggeschmissen, sondern zu Fischmehl – der Grundlage für die Fischzucht. Doch auch frische Fische werden angeblich im großen Stil weiterverarbeitet. Die Folge: Sie fehlen den Ärmsten der Armen. Und: Senegal muss bereits Fisch aus Mauretanien importieren.
Foto: Fabrice Monteiro

Immer mehr Fabriken in Westafrika verarbeiten Fischabfälle zu "Mehl". Für die Fischzucht, die gegen die Überfischung der Meere helfen sollte. Doch nun schafft sie neue Probleme.

Jeden Tag, wenn die Sonne über Kayar untergeht, beginnt Mor Mbengue seine Runde am Strand, um Streit zu schlichten. Über einen Fisch, der noch vor wenigen Jahren als wertlos galt. Hunderte junge Männer stehen dann im Wasser, Dutzende An- und Verkäufer, Händler, Vermittler, ganz Kayar scheint hier. Die Stadt ist der zweitgrößte Fischerhafen des Senegal. Mbengue blickt aufs Meer hinaus, wo am Horizont Piroggen auftauchen. Die Männer schreiten mit langen Schritten auf die Boote zu, wer zuerst mit seiner Kiste an einer Pirogge ankommt, darf entladen. An diesem Tag geht es um Sardinellen, kleine heringsähnliche Fische, Senegals Grundnahrungsmittel.

Dass sich die Männer um Sardinellen streiten, ist neu. Vor drei Jahren noch wurden sie in den Sand geworfen. Verarbeiterinnen klaubten sie auf und trockneten den öligen Fisch, damit der im Inland verkauft werden kann, an die Ärmsten der Armen. Sardinellen stellen die Versorgung mit tierischem Protein für ganz Westafrika sicher, Fleisch oder Eier sind teuer. Ohne Fisch, ohne Sardinellen würden große Teile der Bevölkerung an einer Unterversorgung leiden. Doch nun sagt Mbengue: "Die Versorgung ist gefährdet. Der Fisch wird knapper, es gibt mehr Streit." Denn jene Sardinellen, die Verarbeiterinnen sonst billig bekamen, kann sich kaum mehr einer leisten. Weil es einen Konkurrenten gibt, der hungrig auf die kleinen Fische ist: die Fischmehlfabriken.

Aus Abfall wird Fischmehl und Fischöl, also Nahrung für die Fischzucht. Es klingt nach einer Erfolgsgeschichte

Seit einigen Jahren öffnen immer neue in Westafrika. Im Senegal, in Mauretanien, in Gambia, in Guinea-Bissau. Mittlerweile gibt es über 50 Fabriken. Auch eine in Kayar. In ihr wird Fischabfall zu Mehl gemahlen und zu Öl gepresst. Die Betreiber sagen: Aus Abfall wird Fischmehl und Fischöl, also Nahrung für die Fischzucht. Es klingt nach einer Erfolgsgeschichte.

Zumal, wenn man weiß: Fischzucht ist das am schnellsten wachsende Segment der weltweiten Nahrungsmittelproduktion mit 160 Milliarden Euro Umsatz. Die Hälfte der verzehrten Fische kommen aus Aquakulturen. Zucht wird von Naturschutzorganisationen als die Lösung für das sogenannte Ozeansterben gesehen. Wer züchtet, fängt keine bedrohten Arten, kann nicht überfischen, es gibt keinen Beifang. Die Nichtregierungsorganisation Nature Conservancy fordert: Bis 2050 muss die Menschheit den überwiegenden Teil ihrer tierischen Proteinversorgung aus gezüchtetem Fisch gewinnen. "Die Fischerei hat Probleme und Aquakultur kann eine Lösung sein, wenn sie denn nachhaltig betrieben wird", sagt auch Barbara Janker, General Manager für die Dach-Region beim ASC, dem Aquaculture Stewardship Council, dem wichtigsten Zertifizierer für Fischzucht.

Mor Mbengue spricht für die Fischer von Kayar und ist ein Kritiker der örtlichen Fischmehlfabrik. Er sagt etwas anderes: In der Fabrik werde frisch gefangene Sardinelle verarbeitet. Man mahle also das Essen der Senegalesen zu Fischmehl, mit dem wiederum das Essen von Europäern gefüttert werde. Lachs, Tilapia, Pangasius, die in Deutschland im Supermarkt angeboten werden, raubten Verarbeiterinnen die Arbeit, Händlern den Fisch und Armen die Nahrung. Die Fischzucht in Europa und Asien, sagen auch Fischer, Aktivisten und europäische Politiker und Wissenschaftler, gefährde die Nahrungsmittelsicherheit in Westafrika.

In der Fischmehlfabrik riecht es bestialisch. Gräten, Köpfe, Blasen und Innereien liegen in einem Container

Von den acht Fabriken im Senegal ist eine senegalesisch, eine marokkanisch, fünf chinesisch. Nur die Fabrik der baskischen Firma Barna S.A. in Kayar antwortet auf Anfragen. Sie ermöglicht sogar einen Fabrikbesuch, unter der Voraussetzung, dass keine Namen von Gesprächspartnern genannt werden. Die Fabrik liegt einen Kilometer außerhalb der Stadt und verbreitet einen entsetzlichen Geruch, der das Atmen durch die Nase unmöglich macht. Die Mitarbeiter sind Senegalesen, ein Gesprächspartner ist ein Spanier, der alle zwei Monate nach Kayar entsandt wird.

Er führt durch die Hallen. Die Anlage ist sauber und voll mechanisiert. In der ersten Halle wird der Fischmüll angeliefert, auch hier riecht es bestialisch – und unverkennbar nach Thunfisch. Gräten, Köpfe, Blasen und Innereien liegen in einem Container. Die Masse wird durch Rohre gepresst, erhitzt, die Maische getrocknet und gemahlen. Aus vier Kilo Fisch wird ein Kilo Fischmehl. Wenn es auf der anderen Seite der Anlage herauskommt, ist es geruchsneutral, sieht aus wie Currypulver und hat einen Proteingehalt von mindestens 60 Prozent. Eine Tonne Fischmehl wird für 1000 bis 1200 Euro verkauft, erst nach Spanien und von dort weiter in andere EU-Länder. Fischmehl aus Westafrika wird in Aquakulturen in Deutschland, Spanien oder Norwegen genutzt.

Rund 70 Prozent der Betriebskosten in der Aquakultur werden auf Tierfutter verwendet. Fischmehl ist in jedem in großem Maße kommerziell genutzten Fischfutter enthalten. Es ist kein neues Produkt. Fischmehl und Fischöl werden seit hunderten Jahren produziert. Es ist ein riesiges Geschäft.

"Aquakultur hat ein Riesen-Potenzial, die wachsende Weltbevölkerung mit tierischem Protein zu versorgen", sagt eine Vertreterin des Aquaculture Stewardship Council

Barna hat zwei Fischmehlfabriken in Spanien, eine in Andalusien, eine im Baskenland. Beide arbeiten mit Resten aus der Konservenindustrie. Es gebe eine 50-prozentige Verschwendungsrate, Köpfe, Innereien, aber auch Fleisch und Flossen, heißt es. Die Fischmehlfabrik nutze diese Reste. "Barna ist in der Kreislaufwirtschaft tätig", sagt der Direktor, "wir sind nachhaltig." Barbara Janker vom Aquaculture Stewardship Council, kurz ASC, sagt: "Aquakultur hat ein Riesen-Potenzial, die wachsende Weltbevölkerung mit tierischem Protein zu versorgen." Kein Schwein, kein Rind könne da mithalten. "Wenn wir tierisches Protein essen wollen", sagt sie, "dann kann das eigentlich nur Zuchtfisch sein."

Man findet das ASC-Logo auf rund 70 Prozent der Meeresprodukte in deutschen Supermärkten, alle großen Supermarktketten in Deutschland unterstützen nachhaltige Aquakultur. Sie verlassen sich auf Siegel wie das des ASC. Laut Janker steht es für "verantwortungsvoll gezüchteten Fisch". Fischmehl und Fischöl können ihr zufolge eine sehr nachhaltige und nachwachsende Ressource sein, wenn man sie richtig manage.

"Richtig", das heißt: Wenn sie aus Fischabfällen produziert werden. Im Senegal etwa gibt es mehrere Konservenfabriken für Thunfisch. Sie sind am Hafen von Dakar. Dort gibt es auch seit 1967 eine Fischmehlfabrik, betrieben von Senegalesen. Die Fabrik von Barna allerdings – sie befindet sich nicht neben der Konservenfabrik, sondern zwei Stunden entfernt. Dafür liegt sie bloß fünf Minuten vom zweitgrößten traditionellen Fischereihafen des Landes. Nach mehrmaliger Nachfrage lautet die Erklärung: Barna habe diesen Standort genutzt, weil er günstiger sei. Und, weil die Fabrik Abfälle der traditionellen Fischerei nutzen wolle, die sonst am Strand herumliegen oder ins Meer geworfen werden, Köpfe, Gräten, Innereien. Fischer sollen einen Anreiz bekommen, sie zu sammeln und an die Fabrik zu verkaufen.

Es trifft zu, dass der Strand von Kayar vermüllt ist mit Fischabfällen. Doch kann man allein mit ihnen ein Pulver herstellen, das 60 Prozent Protein enthält? Gräten, Knochen, Flossen haben rund zehn bis 20 Prozent. Und die Sardinelle? Die lande ab und zu in der Fabrik, ist zu hören. Jedoch lediglich, wenn sie Müll sei. Oder Überschuss. Was so deklariert ist, darf schließlich in die Fabrik. Bloß: Was Müll oder Überschuss ist, das definiert der jeweilige Fischer.

"Alle Fischmehlfabriken im Senegal arbeiten mit frischem Fisch", sagt der ehemalige Leiter des Ozeanographischen Instituts von Dakar

Alassane Samba, ehemaliger Leiter des Ozeanographischen Instituts von Dakar, war an der Eröffnung der ersten Fischmehlfabrik im Senegal 1967 beteiligt. "Es gab strenge Auflagen", sagt er, "und die erste war: Nur Fischmüll!" Bei Kontrollen sei von Anfang an aber aufgefallen, dass etwas nicht stimmen könne. "Wir fanden heraus: Sie kauften frischen Fisch direkt an den Fischereidocks", erzählt Samba, "und das machen sie noch heute." Wenn jemand kontrolliere, sei die Antwort: Der Fisch sei schon verfault gewesen. Viele Fischer spielten mit. Man kann sich das so vorstellen: Sie fahren raus aufs Meer, zwei, drei Tage, fangen 15 bis 20 Tonnen Fisch. Und wenn sie wieder am Dock ankommen, ist die Hälfte "verfault". So dürfen sie offiziell an die Fabrik verkaufen, und die Fabrik darf offiziell kaufen. "Alle Fabriken betrügen", sagt Samba. "Alle Fischmehlfabriken im Senegal arbeiten mit frischem Fisch."

Sophie Nodzenski von der Nichtregierungsorganisation Changing Markets sagt: "33 Prozent der Fischbestände sind überfischt, 60 Prozent am Maximal-Level gefangen. Aquakultur sollte das eigentlich verbessern. Wegen der Abhängigkeit von Wildfang verschlimmert die Aquakultur das Problem nur noch." Für jedes Kilo Aquakultur-Fisch verbrauchen die Farmen mehrere Kilo Fischmehl. Lachse etwa fressen in ihrer Zuchtzeit das Fünfzehnfache ihres Körpergewichts an wild gefangenem, gemahlenem Fisch. Was zu der absurden Bilanz führt: Eine Fischfarm verbraucht mehr Fisch als sie produziert.

"Es wird keine nachhaltige Aquakultur geben, solange wir nicht damit aufhören, fleischfressende Fische zu züchten", sagt die Abgeordnete im Europaparlament

Marine Trust ist der größte Zertifizierer für Fischmehl. Auch ASC ist abhängig von den Zertifizierungen von Marine Trust. Laut einer Studie, die Changing Markets 2021 veröffentlicht hat, waren mehrere von Marine Trust zertifizierte Unternehmen beteiligt an illegalem Fischfang für die Fischmehlproduktion. Marine Trust antwortet auf mehrere Interviewanfragen nicht. "Die Kontrolle funktioniert nicht", stellt Sophie Nodzenski fest. Darauf angesprochen, sagt Barbara Janker von ASC: "Die Lieferketten sind sehr komplex." Man fordere die Rückverfolgbarkeit bis hin zu einer Fischerei. "Da geht es um Dokumentation, um Transparenz. Das ist genau der Punkt, der schwierig ist." Ein Akteur könne das nicht alleine lösen. Es brauche gesetzliche Regelungen. "Ich glaube, hier ist vor allem die Politik gefragt." Fragt man Caroline Roose, Abgeordnete im Europaparlament für die Grünen, erklärt sie: "Der Fischereicode wird weltweit nicht respektiert." Also könne auch die Herkunft von Futtermittel nicht sichergestellt werden. "Es wird keine nachhaltige Aquakultur geben, solange wir nicht damit aufhören, fleischfressende Fische zu züchten, denn die sind auf Fischmehl angewiesen."

Einige Monate nach dem Besuch in Kayar, schicken Mor Mbengue und Maty Ndao, die Leiterin der Verarbeiterinnen, eine Mail. Sie schreiben: "Wir haben gekämpft, bis die Spanier ihren Anteil an der Fischmehlfabrik verkauft haben." Barna Senegal heißt jetzt Touba Protéine und gehört einer senegalesischen Firma. Die beiden haben Touba im Namen aller Einwohner von Kayar verklagt. Wegen Umweltverschmutzung. Das Gerichtsverfahren sollte am 22. September 2022 am Obersten Gericht in Thiès beginnen. Anfang 2023 wurde die Klage als "unbegründet" abgewiesen. Mbengue und Ndao wollen in Revision gehen. Die Fabrik läuft noch immer.

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05.06.2023

Scheinheiliges Geschwafel: Schon vor 50 Jahren haben Trawlers der Industriestaaten vor der Westafrikanischen Küste die Gewässer leegefischt und ein Einheimischer hatte mit dem zur Verfügung stehen Bootsmaterial nicht die geringste Chance in der 100 Meilen-Zone ausreichend Fische zu fangen.