Auf Gesprächsangebote im Ukraine-Konflikt reagiert Putin mit der nächsten Provokation. Er will die Konfrontation und offensichtlich will er auch den Krieg.
Drohung, Zuspitzung, ein wenig Hoffnung – und schon zündet Wladimir Putin die nächste Eskalationsstufe. Das ist das vom russischen Präsidenten bis zum Exzess getriebene Verfahren der maximalen Verunsicherung in der Ukraine-Krise. Der Nachricht vom möglichen Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden folgte am Montag die Anerkennung der selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk durch den Kremlchef. Wie nebenbei versetzte er damit dem Minsker Abkommen den Todesstoß. Darauf hatten vor allem die Europäer fast all ihre diplomatischen Bemühungen konzentriert.
Putin wirkt im Ukraine-Konflikt wie im Machtrausch
Putins Inszenierung war ein erneuter Affront gegen den Westen. Ein Schlag ins Gesicht, ausgeführt mit größtmöglicher Wucht. Daraus lässt sich im Grunde nur ein Schluss ziehen: Der russische Präsident will die Konfrontation. Er will wahrscheinlich sogar den Krieg. Und wenn ihm Biden und die Europäer durch ihre unausgesetzten Verhandlungsangebote eine Gelegenheit zur Invasion nach der nächsten rauben, dann legt er eben mit einer weiteren Provokation nach. Um nicht zu sagen: mit einer weiteren faktischen Kriegserklärung.
Denn zumindest einen Psychokrieg führt Putin längst. Man möge nur einmal versuchen, sich in die Menschen in der Ukraine hineinzuversetzen. Sei es im Donbass oder im Westen, in Lwiw, wo bereits Fluchtkorridore nach Polen vorbereitet werden, während Putin am Wochenende Bilder von einem Manöver der russischen Nuklearstreitkräfte in die Welt senden ließ.
Der Kremlchef wirkt dabei wie im Machtrausch. Wie ein Mann, der buchstäblich am Auslöser sitzt. Viel spricht dafür, dass er die Lage in den nächsten Tagen zum Krieg eskalieren lässt. Die letzte Hoffnung, die man noch haben kann, ist etwa diese: Dass Putin sich noch eine Weile in der Demütigung des Westen suhlt, um schließlich doch noch mit Biden ernsthafte Gespräche zu führen.
Auch diese letzte Hoffnung scheint Putin am Montagabend enttäuscht zu haben. Er ordnete die Entsendung von Truppen in die Ostukraine an.
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@Wolfgang L.
egal ob in den USA ein Demokrat oder Republikaner Präsident sein wird, in der Hoffnung dass es auf jeden Fall nicht Trump mit seinen Anhängern wird, wird dort noch immer eine freie Wahl gewährt. Hat Russland überhaupt diese Chance? Da ist doch ein klares Nein angebracht, auch wenn unser Exkanzler Schröder seinen Busenfreund Putin als lupenreinen Demokraten bezeichnet. Wo ist in Russland die Opposition? Entweder mundtod oder in Arbeitslagern wie zu Hitlerzeiten.
@Wolfgang L.: „Ohne russisches Gas wird die Energiewende nicht gelingen.“ und
@Georg Kr.: „Die geringe Beachtung, die die "Ampel" samt Grünen dem derzeitigen Energiepreis-Irrsinn und einer sozialen Abfederung der Energiewende zukommen lässt …“
Heute um 9:17 vermeldet ZEIT ONLINE in seinem Live Blog: „Cem Özdemir fordert Stopp von Nord Stream 2“
Ist jetzt im Kabinett Scholz der Landwirtschaftsminister für die Außenpolitik zuständig oder hat er bereits die Richtlinienkompetenz inne? („Deutschland, Land der außenpolitischen Irrlichter“ titelte die SZ bereits vor Wochen unter https://www.sueddeutsche.de/meinung/ukraine-russland-deutschland-putin-1.5515476)
Die Grünen fordern immer schon das Aus von NS2, allerdings aus ganz anderen Gründen als den aktuellen. Die Grünen verkennen dabei, dass wir das Gas in jedem Fall brauchen werden. Und mir ist Pipeline-Gas aus Russland lieber als teures Fracking-Gas aus den USA. Zudem garantiert niemand, dass wir in vier Jahren in den USA noch einen demokratisch gewählten Präsidenten vorfinden werden.
"Viel spricht dafür, dass er die Lage in den nächsten Tagen zum Krieg eskalieren lässt."
Es ist sehr wahrscheinlich, dass er das gar nicht muß. Was bleibt der ukrainischen Regierung eigentlich jetzt noch anderes übrig, als mit militärischen Mitteln zu versuchen die Abtrennung der neuen "Republiken" zu verhindern? Versucht sie das nicht, hat sie die Menschen auch in der westlichen Ukraine auf der Straße. Sie hat nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Putin kann u. U. zusehen wie aus dieser Rest-Ukraine ein "Failed State" wird, in dem er irgendwann für Ordnung sorgen kann.
Möglicherweise ganz ohne Einmarsch und damit ohne die von den USA und der EU für diesen Fall angekündigten massivsten Sanktionen. Wenn Sanktionen überhaupt etwas bewirken sollen, dann müssten sie sofort und mit voller Härte erfolgen. Und selbst dann sind große Zweifel angebracht.
Wobei es bereits erste Anzeichen gibt, dass die immer wieder beschworene noch nie dagewesene "Einheitsfront" der westlichen Staaten bereits bröckelt. Die Erkenntnis, dass große negative Auswirkungen der Sanktionen auch die eigene Bevölkerung der europäischen EU- und NATO-Staaten zu spüren bekäme wird sich relativ schnell durchsetzen.
Die Ukrainer werden bitter für ihren Flirt mit EU und NATO unter arroganter, demonstrativer Ignoranz des großen Nachbars bezahlen. Leider nicht auch die, die sie dazu ermuntert und genötigt haben.
Besonders gespannt darf man sein, welches Augenmerk im Falle von Sanktionen der vollmundige Boris Johnson auf den Börsenplatz London samt Stadtteil Mayfair richtet. In diesem lauschigen Exil ließen sich Hunderte russische Oligarchen nieder und haben es sich dort gemütlich eingerichtet.
Ich glaube nicht, dass Putin im Rausch handelt.
Vermutlich verfolgt er ein Großziel und will Schritt für Schritt wieder die Großmacht Sowjetunion herstellen.
Und dabei geht er über Leichen.
Wir können ihn nicht abhalten, denn wie wollen und können keinen Krieg in der Ukraine führen. Und dennoch sollten wir mit einer Trotzreaktion uns schnell von den Gas-, Öl- und Kohleimporten aus Russland unabhängig machen!
Wäre übrigens die Ukraine wie Estland, Lettland und Litauen Mitglied des Verteidigungsbündnisses NATO, wäre es wesentlich unwahrscheinlicher, dass Putins Russland diesen Eroberungsfeldzug startete. Denn dann riskierte er denn Weltuntergang, der auch ihn einschlösse.
Raimund Kamm
Trotz sollte keine politische Kategorie sein. Und eine wirtschaftliche schon gar nicht. Ohne russisches Gas wird die Energiewende nicht gelingen.
Inzwischen erkennen sogar die "Putin-Versteher" der "New York Times" an dass die auf Betreiben der USA in den 1990er Jahren erfolgte Ausdehnung der NATO bis an die Grenzen Russlands ein Kardinalfehler war.
https://www.zeit.de/2019/26/nato-osterweiterung-russland-horst-teltschik-william-burns
" . . . mit einer Trotzreaktion uns schnell von den Gas-, Öl- und Kohleimporten aus Russland unabhängig machen!"
Das halte ich für reine Utopie und gehe sogar noch weiter. Die geringe Beachtung, die die "Ampel" samt Grünen dem derzeitigen Energiepreis-Irrsinn und einer sozialen Abfederung der Energiewende zukommen lässt, gefährdet das gesamte auch von mir für richtig und wichtig gehaltene Projekt massiv.
Bisher dachte ich, Putin blufft. Nun ist allerdings zu befürchten, dass der Mann verrückt geworden ist, wenn er selbst glaubt, was er sagt. Diese Variante hatte der US-Geheimdienst wohl nicht auf dem Schirm.
Ach Herr Krökel, es ist immer einfach, bei der Istsituation die Entwicklung dorhin ausser Acht zu lassen. Stichwortartig sei erinnert an Zusagen aus den frühen 90ern, die Natoosterweiterung bis an die Grenzen Russlands, die Politik ausgerichtet auf das fatale Wort der Regionalmacht, die Ausserachtlassung der realen Zustände in der Ukraine selbst einschl. der Ethnischen Wirklichkeit, etc.
Unsere, des Westens Sicht der Dinge ist nicht allein seligmachende Wahrheit. Es gibt mindestens eine 2 Sicht und dazu sicher eine Betrachtung neutraler Art von der großen Mehrheit in der weiten Welt. Washington und Brüssel sind nicht die einzig wahren Deuter des Weltgeschehens.
Die Wahrheit Putins beruht auf Lüge und Mord:
"Die dem Putin-Regime gerichtlich vorgeworfene Blutspur quer durch Europa ist lang, vom Litwinenko-Mord in Großbritannien bis zum Flug MH-17 mit knapp 300 Todesopfern."
Manche können einfach alles relativieren und rechtfertigen.
"Die Wahrheit Putins beruht auf Lüge und Mord:"
Der Wahrheit zuliebe sollte, falls sie gestatten, nur erwähnt werden, dass er damit über kein Alleinstellungsmerkmal auf diesem Planeten verfügt . . .