Adiós – Banken setzen Separatisten unter Druck
Während hunderttausende von Katalanen auf der Straße Tag für Tag für die Loslösung von Spanien demonstrieren, warnen Unternehmer vor den katastrophalen Folgen. Viele planen bereits, die Region zu verlassen
Wenn sich die Region tatsächlich von Spanien abtrenne, werde dies für Katalonien mit einer „wahrhaftigen Katastrophe“ enden, warnt der prominente katalanische Unternehmer José Luis Bonet. Und das in vielerlei Hinsicht: Weil die Separatisten einen tiefen Keil in die katalanische Gesellschaft trieben. Weil die einseitige Unabhängigkeitserklärung von keinem europäischen Staat anerkannt werde. Und weil viele der in dieser Mittelmeerregion angesiedelten Unternehmen die Flucht ergreifen würden.
In Sachen Wirtschaft scheint sich die düstere Prognose Bonets, Chef des katalanischen Sektkonzerns Freixenet und Vorsitzender der spanischen Handelskammer, schon zu erfüllen. Seit klar ist, dass sich die katalanischen Separatisten weder vom spanischen Verfassungsgericht noch von internationalen Appellen, das Gesetz zu respektieren, von ihrem Kurs abbringen lassen wollen, packen immer mehr Unternehmer Kataloniens die Koffer.
Auch das jüngste Verbot des obersten spanischen Gerichts scheint Kataloniens Ministerpräsidenten Carles Puigdemont nicht aufhalten zu können: Das Gericht hatte eine Sitzung des katalanischen Parlaments am kommenden Montag suspendiert, weil befürchtet wurde, dass dann die angekündigte einseitige Unabhängigkeitserklärung verabschiedet werden sollte.
Nun versucht Puigdemont offenbar, das Verbot zu umgehen: Er beantragte bei der katalanischen Parlamentspräsidentin eine neue Sitzung für Dienstag, angeblich um die Kammer, in der die Separatisten eine knappe Mehrheit haben, „über die aktuelle politische Lage“ zu informieren. Es wird nicht ausgeschlossen, dass auch dies nur ein Vorwand ist, um die Abspaltung beschließen zu können. Die spanische Regierung reagierte prompt: Sie hat neue Wahlen in der Region Katalonien gefordert. Zur Beilegung der Krise zwischen Barcelona und Madrid sollten Regionalwahlen abgehalten werden, sagte ein Regierungssprecher am Freitag.
Der schleichende Exodos der Wirtschaft ist schon seit Wochen im Gange. Doch seit der Ankündigung der katalanischen Großbank Sabadell, den Firmensitz aus der Regionalhauptstadt Barcelona nach Alicante zu verlegen, wird deutlich, dass aus der Abwanderung einzelner Unternehmen eine Massenbewegung werden könnte. Die Aussicht auf einen „Catalexit“, dem mit der Unabhängigkeit verbundenen Ausscheiden Kataloniens aus der EU, hat für Alarmstimmung in den Vorstandsetagen gesorgt. Wirtschaftsexperten erwarten, dass auch Kataloniens größtes Unternehmen, die Caixa Bank, die Umsiedelung ihres Sitzes von Barcelona nach Mallorca bekannt geben wird. Caixa Bank und Sabadell, Nummer drei und vier im spanischen Bankenranking, gehören zu den bekanntesten internationalen Marken Kataloniens. Beide Banken hatten die letzten Tage darunter gelitten, dass besorgte Anleger große Geldsummen abzogen.
Es könnte der Anfang eines wirtschaftlichen Ausblutens sein. Freixenet-Boss Bonet kündigte schon an, dass er auch seinem Aufsichtsrat den Umzug der Zentrale des größten spanischen Schaumweinherstellers vorschlagen will. Der Cava-Konkurrent Codorniú hegt ähnliche Überlegungen. Weitere katalanische Weltkonzerne könnten folgen: der Energieriese Gas Natural, der Mischkonzern Albertis oder der Versicherer Catalana Occidente spielen offenbar gleichfalls mit einem Abschied aus Katalonien.
Spaniens konservative Regierung, die sich mit allen Mitteln gegen den illegalen Abspaltungsplan der katalanischen Führung stemmt, kam der Wirtschaft am Freitag zu Hilfe: Das Kabinett beschloss ein Dekret, das es den Unternehmen ermöglicht, per Eilverfahren den rechtlichen Firmensitz zu ändern. Danach müssen die Konzerne für eine Umsiedlung nun nicht mehr eine Aktionärsversammlung einberufen, sondern es reicht die Entscheidung des Aufsichtsrates.
Auch für den Tourismussektor, bisher das Zugpferd des spanischen Urlaubsmarktes, ziehen dunkle Wolken auf. Die wachsenden Spannungen, die auf Kataloniens Straßen spürbar sind, schrecken Feriengäste ab. Der Vizechef der Meliá-Hotelkette, Alfonso del Poyo, berichtet „von einem bedeutenden Rückgang der Nachfrage“. Ein Branchensprecher warnte, dass die „soziale Instabilität“ in Katalonien und „die ständigen Demonstrationen“ von Befürwortern und Gegnern der Unabhängigkeit die Touristen verunsicherten. Mehrere Kreuzfahrtschiffe haben die letzten Tage ihre Besuche in Barcelona abgesagt, berichteten spanische Medien.
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