Die wahren Sieger des TV-Duells
Das TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Herausforderer Steinbrück endet unentschieden. Und doch gibt es kleine und große Gewinner.
Wer hat denn nun gewonnen? Irgendwie auch egal. Schließlich bot das Fernsehduell viel mehr als die ewige Frage: Angela Merkel oder Peer Steinbrück? Die wahren Sieger des Abends sind ein gereifter Komiker, eine Schmuckschmiede aus Idar-Oberstein und die sozialen Netzwerke. Ein Blick auf kleine Randnotizen abseits der großen Politik:
Merkels Deutschland-Kette
Maut? Spähaffäre? Syrien? Nein, es ist ein Schmuckstück in Schwarz, Rot und Gold, das die Gemüter vieler Zuschauer bewegt. Das Accessoire um den Hals der Kanzlerin erreicht binnen Minuten Kultstatus. Noch während der laufenden Debatte erstellt ein Zuschauer für die „Deutschland-Kette“ ein eigenes Profil beim Kurznachrichtendienst Twitter und verbreitet im Namen der Kette Botschaften wie „Also ich häng hier so rum... und ihr?“ Das mag man nun albern finden oder nicht – jedenfalls schließen sich dem Profil @schlandkette innerhalb von 24 Stunden mehr als 7000 Fans im Netz an. Zur Freude einer kleinen Edelsteinschmiede aus dem rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein, bei der Angela Merkel das gute Stück vor über zehn Jahren erworben hat. Wen kümmert es da schon, dass die Farbfolge Rot-Gold-Schwarz ganz genau genommen eher eine spiegelverkehrte belgische Flagge symbolisiert als die der Bundesrepublik?
Die sozialen Netzwerke
Das Internet ist allerdings nicht nur Plattform für Skurrilitäten wie den Kettenkult, sondern auch für ernst gemeinte politische Diskussionen. Tausende tun ihre Meinung auf den Facebook-Seiten von Angela Merkel und Peer Steinbrück kund. Über Twitter werden während der 90-minütigen Sendung fast 175000 Kurznachrichten mit dem Stichwort #tvduell verschickt. Ein solches Kürzel nennt man „Hashtag“. Es hilft Nutzern bei der Suche nach bestimmten Themen in sozialen Netzwerken. Wer #tvduell eingibt, findet so beispielsweise alle relevanten Meldungen zum verbalen Schlagabtausch der Bundeskanzlerin mit ihrem Herausforderer.
Raab - der gereifte Komiker
Die positivste Überraschung des Abends ist fraglos Stefan Raab. Der Moderator von ProSieben – sonst eher im humoristischen Fach zu Hause – lässt jene Nörgler verstummen, die ihm ein solch ernsthaftes Format nicht zugetraut hatten.
Mit erfrischend direkten Fragen und schlagfertigen Kontern lockt er nicht nur Merkel in Sachen Maut aus der Reserve. Er bringt auch Steinbrück – der bekanntlich selbst nicht auf den Mund gefallen ist – ins Schwitzen, als es um die Frage geht, warum der SPD-Politiker im Falle einer Großen Koalition nicht Minister werden will. Leidenschaftlich hakt Raab immer wieder nach und beweist, dass es nicht zwangsweise unseriös wirkt, wenn der Tonfall mal etwas lockerer wird. „Das Duell ist keine Showbühne für die Mätzchen von Moderatoren“, hatte ZDF-Chefredakteur Peter Frey vor einigen Monaten gegen Raabs Nominierung geätzt. Gut möglich, dass er das heute nicht mehr so sagen würde.
Das Fernsehen
17,6 Millionen Menschen wollten das Duell sehen – deutlich mehr als vor vier Jahren. Das ist ein gutes Zeichen in Zeiten, in denen so oft über Politikverdrossenheit geklagt wird. Die Zuschauer bekamen auch im Anschluss noch ungewöhnliche Einblicke. So enthüllte der frühere Fußballprofi Paul Breitner, wie ihm die FDP einmal 100000 Mark geboten habe, damit er für sie Wahlkampf mache.
Allein die Frage, wer denn nun gewonnen hat, können selbst die Jörg Schönenborns dieser Welt nicht wirklich beantworten. Merkel? Steinbrück? Unentschieden? Irgendwie auch egal.
Alle Informationen zur Bundestagswahl 2013 gibt es auch in unserem Dossier.
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