Was so eine ausgemusterte Drohne kostet
In das Projekt und die Entwicklung von "Euro Hawk" sind hohe Summen geflossen. Nun sind 300 Millionen Euro verloren.
Fast täglich werden neue Details zum Drohnen-Debakel des Verteidigungsministeriums bekannt. Die Opposition sucht nach Verantwortlichen, der Steuerzahlerbund fordert personelle Konsequenzen. Wir klären die wichtigsten Fragen:
Um wie viel Geld geht es?
In die Entwicklung von „Euro Hawk“ wurden 508 Millionen Euro investiert. Hinzu kommen 54 Millionen Euro für die Herstellung der Flugfähigkeit und 94 Millionen Euro für offene vertragliche Verpflichtungen. Von den Entwicklungskosten entfallen 248 Millionen Euro auf die Aufklärungstechnik von EADS, die weiter genutzt werden soll. Die Verluste für den Bundeshaushalt durch die gescheiterte Anschaffung dürften sich damit auf mindestens 300 Millionen Euro belaufen.
Ob die Sensorik tatsächlich genutzt werden kann, gilt allerdings als offen. Außer der fast 60 Jahre alten US-Maschine U2 kann kein Flugzeug so hoch fliegen wie der „Euro Hawk“. Zusätzliche Verluste könnten dem Bundeshaushalt durch die Investitionen in ein Nato-Projekt zur Beschaffung von „Global- Hawk“-Drohnen entstehen, die bis auf die Aufklärungstechnik nahezu identisch mit den „Euro Hawks“ sind.
Warum wurde „Euro Hawk“ gestoppt?
Das Verteidigungsministerium sah ohne zusätzliche Millioneninvestitionen keine Chance mehr auf eine Zulassung für den europäischen Luftraum. Der Grund ist, dass ein ausreichender Kollisionsschutz nicht nachgewiesen werden konnte. Der „Euro Hawk“ fliegt zwar in mehr als 20 Kilometern Höhe, also in einem Bereich, in den Passagier- oder herkömmliche Militärflugzeuge nicht vordringen können.
Bei Start und Landung muss der „Euro Hawk“ deren Verkehrsgebiet dennoch durchkreuzen. Um für die Zulassung notwendige Nachweise doch noch zu erbringen, hätte das Ministerium bis zu 600 Millionen Euro zusätzlich investieren müssen. Ein Erfolg wäre damit aber auch nicht gesichert gewesen. Deswegen hat man die Reißleine gezogen.
Was wird dem Verteidigungsministerium vorgeworfen?
Das Verteidigungsministerium hatte nach eigenen Angaben bereits Ende 2011 Kenntnis von den Problemen bei der Zulassung. Verteidigungsminister Thomas de Maizière erklärte im Bundestag, dass man versucht habe, die Probleme zu lösen. Als erkannt worden sei, dass eine adäquate Lösung nicht möglich sei und die Kosten aus dem Ruder zu laufen drohten, habe man sich für den Stopp entschieden. Die Opposition meint, dass die Probleme bei „Euro Hawk“ schon früher hätten erkannt werden können. Sie wirft dem Ministerium zudem vor, Parlament, Rechnungshof und Kabinett nicht ausreichend informiert zu haben.
So habe de Maizière dem Kabinett noch am 8. Mai, wenige Tage vor der Bruchlandung des Projekts, seinen „Bericht zum Stand der Neuausrichtung der Bundeswehr“ vorgelegt, in dem die Drohne in einer Tabelle aufgeführt ist – ohne Hinweise auf die Probleme. „Das ist ein Ausmaß an Unkollegialität, was hier praktiziert worden ist“, empört sich Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. „Wenn ich Frau Bundeskanzlerin Merkel wäre, wüsste ich, was ich Herrn de Maizière sagen würde.“
Wie gefährlich wird es für de Maizière?
Eine Rücktrittsforderung an den Verteidigungsminister gibt es bisher nicht. Bei der Suche nach Verantwortlichen hat die Opposition den für Rüstung zuständigen Abteilungsleiter Detlef Selhausen, Staatssekretär Stéphane Beemelmans und den Minister selbst im Blick. Beemelmans gilt als enger Vertrauter de Maizières. Nicht nur deswegen dürfte de Maizière wenig Interesse an personellen Konsequenzen in seinem Haus haben. Eine Entlassung eines Untergebenen könnte als Bauernopfer gewertet werden und den Druck auf ihn selbst sogar noch erhöhen.
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