Von wegen attraktiver Arbeitgeber: Zivile in der Bundeswehr sind frustriert
Es ist die sechste Reform der Streitkräfte seit der Wiedervereinigung. Doch das Gefühl, dass sich ihre Arbeitsbedingungen verbessern, haben viele Beschäftigte nicht. Im Gegenteil.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen lässt sich gerne fotografieren. Dann lächelt sie mit Soldaten und deren Kindern in die Kameras, um das neue Attraktivitätsprogramm der Bundeswehr zu bewerben. Fotos aus den Büros der Bundeswehrverwaltung mit Angestellten und Beamten stehen hingegen nicht so hoch im Kurs. Die Arbeitsbedingungen der Zivilisten thematisiert die Ministerin nicht. Dabei sind viele der Beschäftigten wegen der hohen Arbeitsbelastung frustriert.
Dieses Problem ist hausgemacht, sagen der Verband der Beamten der Bundeswehr, der Verband der Arbeitnehmer und der Bundeswehrverband im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn erst 2013 hat das Ministerium einen zehn Jahre laufenden Einstellungsstopp aufgehoben. Der habe nicht nur zu einem Durchschnittsalter von 52 Jahren bei den zivilen Beschäftigten geführt, von denen in naher Zukunft die Hälfte in den Ruhestand gehen wird. Es fehlten auch allein rund 3000 Beamte. Trotzdem muss die Zivilverwaltung im Zuge der Bundeswehrreform weiter schrumpfen: von 70.000 auf 55.000 Stellen.
Die Bundeswehr-Mitarbeiter fühlen sich nicht ernst genommen
Wie sie dann ihre Aufgaben erfüllen sollen, wissen die Mitarbeiter nicht. „Wir bräuchten 7000 Stellen mehr als wir am Ende der Reform noch haben werden“, sagt Beamtenverbands-Chef Wolfram Kamm. Viele Mitarbeiter seien überlastet, warnt auch der Bundesvorsitzende des Arbeitnehmerverbands, Herbert Schug. Hinzu komme großer Frust, weil für viele die Strecke zwischen Heimatort und Arbeitsplatz durch Standortschließungen immer länger wird.
Weil trotz einer gesetzlichen Trennung zwischen zivilem und militärischem Bereich mehr Soldaten in der Verwaltung eingesetzt werden. Weil trotz der Kritik des Rechnungshofs Aufgaben ausgelagert werden, obwohl sie innerhalb der Bundeswehr günstiger und verlässlicher erfüllt würden. Und weil das Gefühl vermittelt werde, dass die Arbeit nichts wert sei, wenn die Zivilisten für das Scheitern von Rüstungsprojekten verantwortlich gemacht werden. „Dabei hat die Bundeswehrverwaltung vor vielem gewarnt, was die Industrie trotz unserer Bedenken bei der Politik durchgesetzt hat“, kritisiert auch Klaus-Hermann Scharf vom Deutschen Bundeswehrverband.
Die Bundeswehr-Verwaltung soll sich "regenerieren" können
Wie schlecht die Stimmung ist, zeigte sich 2013. Der Beamtenverband ließ 800 Zivilbeschäftigte befragen, was sie vom Arbeitgeber halten. Das Ergebnis: Nur gut die Hälfte war zufrieden. Fast 40 Prozent überlegten, sich einen anderen zu suchen. Ein erschreckendes Ergebnis für Verbands-Chef Kamm.
Er begrüßt, dass die Ministerin die Attraktivität der Bundeswehr verbessern will. Doch sie müsse dafür sorgen, dass auch die Verwaltung mit der freien Wirtschaft konkurrieren kann. Die Besten müssten sich etwa um Rüstungsprojekte kümmern.
Im Verteidigungsministerium wird betont, das Attraktivitätsprogramm sei auch für Zivilisten. Zwar werde es nicht mehr Personal geben, auch wenn hier und da vielleicht noch nachjustiert werde. Aber mit der Einstellung junger Fachkräfte soll sich die Verwaltung zumindest „regenerieren“ können.
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