EU-Sondergipfel wird immer wahrscheinlicher
Luxemburg (dpa) - Die EU-Regierungen werden möglicherweise erst bei einem Sonder-Gipfeltreffen im November über die Vergabe neuer wichtiger Posten entscheiden können. Dies zeichnete sich am Montag in Luxemburg bei Beratungen der EU-Außenminister ab.
Schwedens Europaministerin Cecilia Malmström, derzeit Vorsitzende des Rates, sagte, selbst im günstigsten Fall sei ungewiss, ob beim nächsten EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag bereits über die neuen Posten entschieden werden könne. Dabei geht es um einen ständigen EU-Ratspräsidenten und einen "Außenminister" mit neuen Befugnissen.
Malmström schloss einen Sondergipfel im November nicht aus, weil der bisher vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus blockierte "Lissabon-Vertrag" spätestens zum Jahreswechsel in Kraft treten soll. Zuvor müssen die Spitzen-Personalentscheidungen fallen. Entscheidend sei, welchen Termin das tschechische Verfassungsgericht an diesem Dienstag für eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des EU-Reformvertrages nenne. "In ein paar Tagen werden wir einen klareren Zeitplan haben. Wir schließen nichts aus", sagte Malmström zur Frage nach einem Sondergipfel.
Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft habe bisher noch keine Konsultationen mit den Mitgliedstaaten über die Posten des Ratspräsidenten und des Außenministers begonnen. Möglicherweise könne dies am Dienstag beginnen. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob es dann bis zum Donnerstag die erforderliche große Mehrheit für eine Besetzung der beiden Posten gebe. "Da ist Zeit für Konsultationen und eine erste Debatte", sagte Malmström zum Gipfeltreffen vom Donnerstag und Freitag in Brüssel.
Der frühere britische Regierungschef Tony Blair ließ am Montag klarmachen, dass er nur dann EU-Ratspräsident werden wolle, falls er umfassende Vollmachten bekomme und eine "strategische Rolle" in der EU spielen dürfe. Der britische Außenminister David Miliband, ein enger Vertrauter von Blair, sagte, falls ein "strategischer Führer" gesucht werde, stehe Blair zur Verfügung. Falls man jemanden suche, "der beim Gipfel die Tagesordnungspunkte abhakt", sei Blair nicht der richtige Mann. "Ich unterstütze Tony Blair", sagte Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner. Blair trifft jedoch bei einer Reihe von Staaten auf starken Widerstand - unter anderem, weil er Großbritannien aus der Euro-Währung und dem grenzkontrollfreien Schengen-Raum herausgehalten hat.
"Wir brauchen Superstars als unsere Vertreter, die aber nicht nur die Belange der Großen berücksichtigen, sondern auch die der kleinen Staaten", sagte der litauische Außenminister Vygaudas Usackas. "Es wird viele Namen geben, die umherschwirren. Mir ist wichtig, dass es starke und überzeugte Europäer sind", sagte der finnische Außenminister Alexander Stubb. "Wir sollten einen starken EU-Präsidenten haben und ich denke, wir sollten einen starken EU-Außenminister haben. Das ist unsere Gelegenheit, unsere Autorität in der Außenpolitik auszubauen." Die Außenminister einigten sich in Luxemburg auf die Grundzüge des künftigen diplomatischen Dienstes der EU, den der Lissabon-Vertrag vorsieht.
Die EU-Staaten wollen erst über die beiden Spitzenpositionen entscheiden, wenn klar ist, dass Tschechiens Präsident Klaus den Lissabon-Vertrag tatsächlich unterschreiben wird. Sollte die Ratifizierung des Vertrags durch Klaus erst nach dem Gipfel vom Donnerstag absehbar sein, so ist nach Angaben von Diplomaten ein Sondergipfel wahrscheinlich. Der Lissabon-Vertrag soll in der stark gewachsenen EU die Entscheidungsfindung einfacher machen und unter anderem für mehr Mitwirkung des Europaparlaments und nationaler Parlamente sorgen.
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