Eine Spende vom ehemaligen Diktator
Paris Milde und wohltätig wollte sich Haitis Ex-Diktator Jean-Claude Duvalier, genannt "Baby Doc", geben. Über das britische Online-Magazin The Daily Beast ließ er verbreiten, er werde fünf Millionen Euro aus der Stiftung seiner verstorbenen Mutter spenden, um den Erdbebenopfern in seiner Heimat zu helfen. Der Haken daran: Das Geld gehört ihm gar nicht. Es sind die Reste seiner systematischen Plünderungen der haitianischen Staatskasse. So urteilten Richter in der Schweiz, wo das Geld liegt. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit verweigern sie Duvalier und seinem Clan endgültig den Zugriff darauf.
Duvaliers Versuch, diese Niederlage noch umzumünzen und sich als edler Spender zu profilieren, empört in Frankreich, wo der Ex-Tyrann seit 14 Jahren lebt. Sein tiefes Mitgefühl mit den Menschen in Haiti nimmt man dem Mann nicht ab, der dort einst ein brutales Terror-Regime geleitet hat. Zynisch erscheint das Angebot des 59-Jährigen, der mit seinem dekadenten Lebensstil sorglos fremdes Geld verprasste, Geld aus dem bitterarmen Haiti.
19 Jahre war Jean-Claude alt, als ihm durch den Tod seines Vaters François Duvalier alias "Papa Doc" im Jahr 1971 die Macht über das Land zufiel. "Baby Doc" übernahm dessen repressive Willkürherrschaft, in der Zehntausende Menschen getötet wurden und die Bevölkerung verarmte, während die Korruption der Mächtigen blühte. 1986 führten Hungerrevolten zu Duvaliers Sturz. Schleunigst musste er sich absetzen. Doch er ging nicht mit leeren Händen, 100 Millionen Euro forderte Haiti später von ihm zurück.
Die einstige Kolonialmacht Frankreich war als einziges Land bereit, Haitis Schreckens-Herrscher aufzunehmen. Zunächst nur für sieben Tage, "um den Übergang Haitis in eine Demokratie zu erleichtern", wie es hieß, und um Duvalier dann in ein anderes Land auszuweisen. Doch die USA lehnten ebenso ab wie Gabun, Marokko, Italien, Spanien, Griechenland und die Seychellen. Er blieb in Frankreich, das ihn zwar nie als politischen Flüchtling anerkannte, aber in Ruhe ließ.
Offensichtlich fühlte sich Baby Doc an der Côte d'Azur auch durchaus wohl. Er bezog eine luxuriöse Villa, fuhr teure Autos und kaufte seiner Frau und seinen Freundinnen teuren Schmuck. So schmolzen die Millionen dahin, bis Duvalier weder Hotelrechnungen noch seine Miete mehr bezahlte und 1993 seinen Palast verlassen musste.
Inzwischen soll er in bescheidenen Verhältnissen in Paris leben. Ob ihn dies zu dem mildtätigen Mann gemacht hat, der er nun vorgibt zu sein? Dann dürfte er sich über die Entscheidung der Schweizer Justiz freuen: Die fünf Millionen aus der Stiftung werden an Nicht-Regierungsorganisationen in Haiti überwiesen.
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