Heimliche Steuererhöhung: Steuerzahler leiden unter "Kalter Progression"
Wenn nach der Gehaltserhöhung netto weniger im Geldbeutel bleibt, hat die „kalte Progression“ zugeschlagen. Bis 2017 könnten auf die Steuerzahler neue Milliardenbelastungen zukommen.
Die Arbeitnehmer werden in den kommenden Jahren vermutlich die Zeche dafür zahlen, dass die deutsche Politik tatenlos zusieht, wie vom Bruttoverdienst trotz Gehaltserhöhung immer weniger netto im Geldbeutel bleibt.
Denn in den nächsten vier Jahren kommen auf die Steuerzahler zusätzliche Belastungen im zweistelligen Milliardenbereich zu. Allein im Jahr 2017 müssten sie durch die sogenannte kalte Progression etwa acht Milliarden Euro mehr Steuern zahlen als noch im laufenden Jahr, sollte nicht zuvor der Grundfreibetrag angehoben werden. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.
Kalte Progression kostet Steuerzahler Milliarden
Grund dafür ist die sogenannte „kalte Progression“, die auch als heimliche Steuererhöhung bezeichnet wird. Damit wird der Effekt bezeichnet, dass nach Lohnerhöhungen die individuelle Steuerbelastung steigt, selbst wenn der Lohnzuwachs nur dem Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten dient.
Über die gesamte Legislaturperiode gerechnet nehme der Staat dadurch gut 17,5 Milliarden Euro zusätzlich ein, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Darüber hinaus würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber belastet, weil Union und SPD den Rentenbeitrag festschreiben wollen, obwohl er aufgrund gut gefüllter Kassen laut Gesetz 2014 sinken müsste.
Finanzministerium: Anhebung des Grundfreibetrags geplant
Ganz so schlimm, wie es scheint, wird es aber vermutlich nicht kommen. Denn im nächsten Jahr soll aufgrund bereits geplanter Steuerrechtsänderungen der Grundfreibetrag leicht angehoben werden. Demnach würden die Arbeitnehmer nur mit 770 Millionen statt 2,4 Milliarden Euro belastet.
Überhaupt gehen die Ministerialbeamten in ihrer Antwort davon aus, dass die Politik den Grundfreibetrag in den Jahren ab 2015 durchaus weiter anheben wird, um diesen Effekt zu mindern. Dann würden die Belastungen erheblich geringer ausfallen als vorausberechnet. Bayerns Finanzminister Markus Söder weist aber gegenüber unserer Zeitung darauf hin: „Die Abschaffung der kalten Progression ist ein Wunsch, der derzeit nicht finanzierbar ist.“ Wenn sich Spielräume ergäben, sei es aber das steuerliche Topthema.
Brechen CDU und CSU ihr Wahlversprechen?
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, greift CDU und CSU gegenüber unserer Zeitung scharf an: „Das Versprechen, es werde keine Steuererhöhungen geben, ist gebrochen.“ Wenn die Union ihre Glaubwürdigkeit nicht vollständig verlieren möchte, sollte sie den Abbau der kalten Progression zügig vorantreiben. Deren Abmilderung war eines der Wahlkampfthemen der Union. Sie konnte dies bislang aber nicht gegen die SPD durchsetzen.
Für den Staat lohnt sich das Geschäft mit heimlichen Steuern: Nach Zahlen des Bundesministeriums der Finanzen nahm der Fiskus rund neun Milliarden Euro allein in den Jahren 2011 bis 2013 zusätzlich ein.
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