
Steigt die Flüchtlingszahl auf 1,5 Millionen?

Ein Bericht über eine angeblich neue Prognose der Flüchtlinge löst Verunsicherung aus. Der Bund widerspricht. Immer noch kommen täglich Tausende nach Bayern.
Kommen in diesem Jahr bis zu 1,5 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland – also fast doppelt so viele wie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erst vor rund sechs Wochen prognostiziert hat? Ein Bericht der Bild-Zeitung, die sich auf „Geheim-Papiere deutscher Behörden“ berief, hat in Berlin viel Wirbel ausgelöst. Doch Vize-Regierungssprecher Georg Streiter dementierte ebenso wie die Innenministerien von Bund und Bayern die Zahlen. Berlin stellte die Existenz des Papiers nicht grundsätzlich infrage. Es handle sich dabei wohl um Überlegungen auf Behördenebene.
Bericht der BILD um Flüchtlingszahlen löst viel Wirbel aus
Allein von Oktober bis Dezember wäre nach den unbestätigten Hochrechnungen mit bis zu 920 000 neuen Asylbewerbern zu rechnen. Da zudem jeder anerkannte Asylbewerber angeblich zwischen vier und acht Familienangehörige nachhole, könnten allein dadurch bis zu 7,36 Millionen Ausländer zusätzlich ins Land kommen. Weiter zitierte Bild, die hohe Zahl „droht zu einer extremen Belastung für Länder und Kommunen zu werden“, ein „Zusammenbruch der Versorgung“ könne nicht ausgeschlossen werden.
„Dieses Papier kennt kein Mensch. Und ich kenne auch niemanden in der Bundesregierung, der das kennt“, sagte Streiter auf Nachfrage. Auch Innenminister de Maizière, der in dieser Woche seine September-Statistik vorlegen will, ließ die Zahlen dementieren. Es sei nicht seriös, auf der Grundlage von Tages- oder Wochenzahlen eine neue Prognose für das gesamte Jahr zu erstellen. Die Regierung gehe vielmehr davon aus, dass in den kommenden Wintermonaten die Zahl der Flüchtlinge zurückgehen werde. Zudem werde voraussichtlich am 1. November das Maßnahmenpaket in Kraft treten, das die Zuwanderung begrenzen soll.
Innenminister ließ Zahlen um Flüchtlinge dementieren
In den vergangenen Tagen kamen nach Angaben des Innenministeriums in München täglich zwischen 7000 und 10 000 Flüchtlinge nach Bayern, die aber nicht alle im Freistaat bleiben. Am Sonntag seien es 7200 gewesen, sagte Ministeriumssprecher Stephan Frey. Sie bleiben aber nicht alle im Freistaat, sondern würden umgehend in Sonderzügen auf alle Bundesländer verteilt.
Die Flüchtlingshilfsaktion Pro Asyl verwies darauf, dass es keine wirklich harten Zahlen über die Zuwanderung gibt. Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte gegenüber unserer Zeitung, das, was von verschiedenen Institutionen veröffentlicht werde, klaffe auseinander. Ob die 1,5 Millionen realistisch seien, „weiß niemand“.
Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Ulrich Maly (SPD), warnte davor, vor allem über die Zahl der Asylsuchenden zu diskutieren. „Ich denke, dass die Zahl der Menschen, die heuer zu uns kommen, verkraftbar ist“, sagte der Nürnberger Oberbürgermeister, „aber dass es sicher nicht geht, dass man noch zehn Jahre Menschen in dieser Größenordnung aufnimmt.“ (mit epd)
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