Kommentar: Ein Menetekel für ganz Zentralasien
Der Mordanschlag auf die ehemalige pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto droht das Land, ja die ganze Region in eine neue Katastrophe zu stürzen. Dass dieses Attentat sich unmittelbar nach der Übereinkunft zwischen dem pakistanischen Staatschef Pervez Musharraf und dessen afghanischem Amtskollegen Hamid Karsia über ein gemeinsames Vorgehen gegen die beide Länder bedrohenden Islam-Terroristen ereignete, verleiht diesem Anschlag eine noch größere Tragweite, als sie die Ermordung der populären, aber oft undurchsichtigen Politikerin ohnehin hat.
Noch ist unklar, wer die Täter und wer die Drahtzieher des offensichtlich von langer Hand geplanten und mit militärischer Präzision durchgeführten Attentats sind. Doch - ob zu Recht oder zu Unrecht - die Taliban und die mit ihnen verbündeten El-Kaida-Netzwerker werden sich bald dieses Verbrechen an die Brust heften. Sie werden es als Antwort auf die Kampfansage Benazir Bhuttos an die islamistischen Mordbanden interpretieren. Und sie werden versuchen, all jene demokratisch und prowestlich eingestellten Kräfte einzuschüchtern, die sich ihrem Ziel widersetzen, die Atommacht Pakistan in eine mittelalterliche Theokratie nach dem Vorbild Irans umzuformen. Wäre das erreicht, stünde mit Sicherheit Afghanistan als Nächstes von weiteren Zielen auf der Kampf-Agenda der unheiligen "Gotteskrieger".
Die erste große Frage ist, ob der inzwischen Zivil tragende Staatschef Musharraf das Attentat auf Benazir Bhutto als Signal für eine drastische Re-Militarisierung Pakistans sieht. Schließlich hat er trotz mancher pseudodemokratischer Verbrämungen nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Streitkräfte als einzige Garanten für das Überleben Pakistans ansieht. Doch wenn er ernstlich planen sollte, das Land wieder den Uniformträgern auszuliefern, dann müssen ihm die Protagonisten der in den letzten Monaten in Ansätzen erkennbaren Zivilgesellschaft in den Arm fallen. Die Juristen, die Richter und all jene Menschenrechtler, die letztlich Musharrafs Rücktritt als Militärchef erzwungen hatten, müssen trotz des Schocks und trotz des Entsetzens beweisen, dass sie an der - wenn auch noch so zaghaften - Demokratisierung festhalten. Dass sie sich weder von den Taliban noch von den Generälen den Schneid abkaufen lassen wollen.
Und die westlichen Länder, insbesondere die USA, sind aufgerufen, mehr denn je auf einen tiefgreifenden Wandel ihres Partners im Krieg gegen den Terror zu dringen. Sie müssen zusammenwirken, dass sich in Pakistan endlich eine Herrschaft des Rechts durchsetzt. Damit das zerrissene Land endlich ein stabiles Fundament erhält. Und das kann nur die Demokratie sein.
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