
Gesundheitsminister Jens Spahn plant, dass Organspende künftig widersprochen werden muss. Damit greift er zu sehr in das Recht der Selbstbestimmung ein.
Selbst im Tod greift der alles regelnde, alle bevormundende Staat noch einmal zu. Wer zu Lebzeiten einer Organspende nicht ausdrücklich widersprochen hat, soll nach dem Willen von Gesundheitsminister Jens Spahn automatisch zum Spender werden. Mit dem Argument, nur so ließen sich die langen Wartezeiten auf eine neue Niere, ein Herz oder eine Leber verkürzen, missachten Spahn und seine Unterstützer unser Recht, über uns selbst bestimmen zu dürfen – auch über unseren Tod hinaus.
Faktisch würde eine Art Spendepflicht eingeführt
Faktisch führen sie damit eine Art Spendepflicht ein. Wer sich nicht entscheiden will oder kann, wer vielleicht noch mit sich ringt oder schlicht und einfach vergessen hat, Nein zu sagen, ist im Falle seines plötzlichen Todes eine potenzielle Organ-Ressource.
Ja, es gibt zu wenige Organspender in Deutschland und zu viele Patienten, die viel zu lange auf ein passendes Spenderorgan warten. Andere Länder allerdings zeigen, dass sich die Spendebereitschaft auch mit gezielter Aufklärung und einer besseren Organisation in den Kliniken steigern lässt. In Spanien etwa ist das Spahn-Modell, die sogenannte Widerspruchslösung, schon lange Gesetz. Angewendet werden aber muss es nicht, weil die Zahl der freiwilligen Organspenden hoch genug ist.
Die Spendebereitschaft wird nicht steigen, sondern sinken
Bei jedem Einkauf im Internet, jedem Ausflug in die sozialen Medien müssen wir den Anbietern das Nutzen unserer Daten ausdrücklich erlauben. In einer ungleich elementareren Frage, nämlich einer von Leben und Tod, würde der Staat unser Schweigen dagegen bereits als Zustimmung werten – eine nicht nur verfassungsrechtlich riskante Operation. In dem Moment, in dem die Menschen das Gefühl haben, dass die Politik sie sanft zur Organspende zwingen will, wird die Spendebereitschaft nicht steigen, sondern sinken.
Hier lesen Sie unseren Pro-Kommentar: Spahns Reform der Organspende ist richtig.
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