"Man sollte mehr erwarten können, als nur Appelle"
Interview mit Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag
Finanzminister Peer Steinbrück hat eine neue Debatte um prominente Steuerflüchtlinge angestoßen. Er forderte Sportler wie Michael Schumacher und Franz Beckenbauer mit Wohn- und Steuersitz im Ausland auf, ihre Abgaben in Deutschland zu bezahlen. Schließlich hätten sie als Sportler viel den deutschen Fans zu verdanken. Unser Redakteur Michael Pohl sprach mit Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag.
Glauben Sie, dass sich Steuerflüchtlinge vom Appell des Finanzminsters beeindrucken lassen?
Schick: Man sollte hier von einem Finanzminister etwas mehr erwarten können, als nur Appelle. Das erweckt den Eindruck eines Ablenkungsmanövers für fehlende Maßnahmen
Gibt es denn überhaupt eine Handhabe, wenn jemand ins Ausland ziehen will, wenn auch mit Ziel Steuern zu sparen?
Schick: Wenn Herr Steinbrück meint, so eine Debatte aufmachen zu müssen, dann muss er auch geeignete Vorschläge vorlegen. Der Minister könnte sich beispielsweise Gedanken machen, wie Spitzenverdiener mit Auslandswohnsitz vielleicht auf unbürokratische Weise etwas Sinnvolles für ihr Heimatland beitragen können, dem sie ja auch etwas zu verdanken haben.
Die Linkspartei forderte jüngst, die Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft zu koppeln. Wäre das nicht ein Mittel?
Schick: Es ist allen klar, dass das so nicht geht. Wir dürfen kein bürokratisches Monstrum schaffen. Der größte Teil der im Ausland lebenden Deutschen zahlt dort ganz normal seine Steuern und sollte von einem riesigen Verwaltungsaufwand mit deutschen Finanzämtern verschont bleiben.
Eine weitere Forderung der Linken lautete, bei Steuerflucht die Staatsbürgerschaft abzuerkennen...
Schick: Eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft ist vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sicher extrem schwierig. Die Staatsbürgerschaft sollte aber bei der Steuerveranlagung stärker berücksichtigt werden. Schließlich ist die deutsche Staatsbürgerschaft auch was wert und im Ausland nicht nur in Krisensituationen hilfreich.
Was fordern die Grünen, um das Problem anzugehen?
Schick: Wir fordern in Doppelbesteuerungsabkommen vom so genannten Freistellungs- zum Anrechnungsverfahren überzugehen. Einkünfte im Ausland, die dort besteuert werden, sollten in Deutschland nicht mehr wie bislang steuerfrei, sondern voll steuerpflichtig sein, wobei die im Ausland gezahlte Steuer auf den im Inland fälligen Betrag angerechnet wird. Auf diese Weise würde sich die Verlagerung von Einkommen und Vermögen ins Ausland allein aus steuerlichen Gründen deutlich weniger lohnen.
Steinbrück hat bereits das Doppelbesteuerungsabkommen zum Jahresbeginn gekündigt...
Schick: Das war ein richtig guter Schritt, der auch bei ähnlichen Abkommen mit anderen Ländern angewendet werden sollte. Beim Abkommen mit den Arabischen Emiraten hat die Bundesregierung ein großes Schlupfloch stattdessen noch einmal um zwei Jahre verlängert. Wir sind für eine Reform der föderalen Steuerverwaltung, damit die Finanzämter sich auf Problembereiche wie Steuerhinterziehung und Umsatzsteuerbetrug konzentrieren können, und auch über die Bundesländergrenzen hinweg sinnvoll zusammenarbeiten. Eine zentrale Bundessteuerverwaltung würde zehn Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen.
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