Rajoy vom Parlament in Madrid gestürzt und durch Sánchez ersetzt
180 von 350 Abgeordneten sprachen sich gegen Mariano Rajoy aus. Spaniens Ministerpräsident ist vom Parlament gestürzt und durch Pedro Sánchez ersetzt worden.
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy ist vom Parlament gestürzt und durch den Chef der oppositionellen Sozialdemokraten (PSOE), Pedro Sánchez, ersetzt worden. Bei dem Misstrauensvotum sprachen sich am Freitag 180 von 350 Abgeordneten gegen den konservativen Rajoy aus. Sánchez hatte den Misstrauensantrag gestellt, nachdem ein Gericht zahlreiche ehemals führende Vertreter von Rajoys Volkspartei (PP) wegen Korruption zu langjährigen Haftstrafen verurteilt hatte.
Bereits vor dem am Mittag geplanten Misstrauensvotum gegen ihn hat Rajoy seine Niederlage eingeräumt. Alles deute darauf hin, dass die Sozialisten (PSOE) von Pedro Sánchez mit ihrem konstruktiven Misstrauensantrag durchkommen würden, sagte der 63-Jährige im Parlament. Es sei eine Ehre gewesen, Regierungschef von Spanien zu sein. "Ich danke allen Spaniern für ihre Unterstützung. Viel Glück", fügte Rajoy hinzu. Er sei der erste, der Sánchez nach der Abstimmung gratulieren wolle. Die PSOE hatte am Donnerstag die für ein Misstrauensvotum am Freitag erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen hinter sich gebracht.
Zunächst hat das wohl einen Regierungswechsel und mittelfristig wohl auch Neuwahlen zur Folge. Angesichts der schwierigen Lage wurde aber auch nicht ausgeschlossen, dass Rajoy freiwillig seinen Hut nehmen wird.
„Treten Sie zurück“, rief Spaniens sozialistischer Oppositionschef Pedro Sánchez am Donnerstag im Parlament dem konservativen Rajoy zu, der seit 2016 mit einem Minderheitskabinett regiert. „Sie schaden unserem Land. Wenn Sie im Amt bleiben, schwächen Sie die Demokratie.“
Hintergrund der Attacken ist eine Korruptionsaffäre: Vergangene Woche hatte Spaniens Nationaler Gerichtshof hohe Haftstrafen gegen 29 konservative Politiker und parteinahe Unternehmer wegen Bestechlichkeit verhängt. Die Richter waren zu dem Schluss gekommen, dass Rajoys Volkspartei Teil eines wirkungsvollen Systems der institutionellen Korruption gewesen sei. Die Aussage des langjährigen Parteichefs Rajoy, von diesem Sumpf nichts gewusst zu haben, hatten die Richter als unglaubwürdig eingestuft.
Die absolute Mehrheit liegt bei 176 Stimmen
Sozialistenchef Sánchez stellte daraufhin einen Misstrauensantrag gegen Rajoy. Sollte der 46-jährige Sozialist die Misstrauensabstimmung gewinnen, würde er automatisch neuer Ministerpräsident Spaniens. Sánchez kündigte an, dass er in diesem Falle Rajoys Haushaltsplan respektieren werde, um „die Regierbarkeit des Landes zu garantieren“. Zu einem späteren Zeitpunkt will Sánchez vorzeitige Neuwahlen ansetzen.
Damit sein Misstrauensantrag erfolgreich ist, muss Sánchez die absolute Mehrheit der Parlamentarier für einen Machtwechsel gewinnen. In Spaniens Parlament sitzen 350 Abgeordnete, die absolute Mehrheit liegt bei 176 Stimmen. Am Donnerstag hatte Sánchez die Stimmen seiner sozialistischen Fraktion und der linksalternativen Protestpartei Podemos sicher, was zusammen 156 Stimmen ausmacht. Den Ausschlag bei dieser Abstimmung werden vermutlich die kleinen nationalistischen Parteien aus dem Baskenland und aus Katalonien geben, die nicht abgeneigt scheinen, Sánchez zu unterstützen. Den katalanischen Parteien, die mehr regionale Autonomie und ein Unabhängigkeitsreferendum fordern, bot Sánchez einen Dialog an und versprach, „die zerstörten Brücken mit Katalonien wieder aufzubauen“.
Spanien: Sozialistenchef Sánchez könnte neuer Ministerpräsident werden
Rajoys Minderheitsregierung konnte bisher mit der Hilfe der 32 liberalen Abgeordneten der bürgerlichen Partei Ciudadanos rechnen, um ihre Abstimmungsmehrheit im Parlament zu sichern. Doch nach dem Gerichtsurteil gingen auch die Liberalen auf Distanz zu Rajoy: „Die Korruption der Volkspartei hat diese Legislaturperiode liquidiert“, sagte Ciudadanos-Sprecher José Manuel Villegas. Doch für Sánchez Misstrauensantrag, der den Sozialisten zum neuen Regierungschef machen würde, wollen die Liberalen trotzdem nicht stimmen. Sie fordern stattdessen sofortige Neuwahlen. Dies vor allem, weil sie dann mit einem kräftigen Stimmenzuwachs rechnen können.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um die Karte von Google Maps anzuzeigen
Hier kann mit Ihrer Einwilligung ein externer Inhalt angezeigt werden, der den redaktionellen Text ergänzt. Indem Sie den Inhalt über „Akzeptieren und anzeigen“ aktivieren, kann die Google Ireland Limited Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten, auch in Staaten außerhalb der EU mit einem niedrigeren Datenschutz Niveau, worin Sie ausdrücklich einwilligen. Die Einwilligung gilt für Ihren aktuellen Seitenbesuch, kann aber bereits währenddessen von Ihnen über den Schieberegler wieder entzogen werden. Datenschutzerklärung
Die Diskussion ist geschlossen.