Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will mutmaßliche NS-Verbrecher mehr als sechs Jahrzehnte nach Kriegsende vor Gericht bringen, darunter auch einen Ingolstädter.
Klaas Carel Faber ist gebürtiger Holländer, lebt aber seit rund 50 Jahren unbehelligt in der Donaustadt. Er wird beschuldigt, als Aufseher im Transitlager Westerbork und als Mitglied des Sonderkommandos "Silbertanne" an der Ermordung von 22 Menschen beteiligt gewesen zu sein.
Der heute 88-Jährige war bereits in den Niederlanden zum Tode verurteilt worden, die Strafe wurde jedoch nach dem Krieg in eine lebenslange Haft umgewandelt. Tatsächlich saß Faber nur wenige Jahre im Gefängnis: Kurz nach Weihnachten 1952 türmte er mit sechs weiteren Kumpanen aus dem Gefängnis in Breda und tauchte in Deutschland unter.
Obwohl die Niederlande bereits zwei Tage nach seiner Flucht die Auslieferung Fabers beantragt hatten, blieb dieser in Deutschland. Der Grund: Als Freiwilliger bei der Waffen-SS war er per "Führererlass" 1943 automatisch zum deutschen Staatsbürger geworden. Diese Regelung galt auch noch nach dem Krieg. Eine Auslieferung war deshalb nicht möglich.
In den 1950er Jahren befasste sich schließlich das Landgericht Düsseldorf mit dem Fall, zu einem Verfahren kam es jedoch nie. Angeblich sei die Beweislage zu dünn. Auch in Ingolstadt landete der Fall bei der Staatsanwaltschaft, nachdem Journalisten Faber aufgespürt hatten. Doch vor dem Hintergrund der Düsseldorfer Entscheidung war es auch hier zu keinem Verfahren gekommen, die Sache gilt juristisch als erledigt.
Nun startet Leutheusser-Schnarrenberger einen neuen Versuch, das Urteil aus den Niederlanden in Deutschland zu vollstrecken. Dazu sollen die Juristen im bayerischen Justizministerium prüfen, ob die Düsseldorfer Entscheidung, die quasi einem Freispruch gleichkommt, angegriffen werden kann. Luzia Riedhammer