Parteitag: AfD-Basis lehnt sich gegen Pläne von Parteichef Lucke auf
Die Delegierten des AfD-Parteitages haben ihrer Führung zwei Monate vor der Europawahl eine Niederlage bereitet: Sie warfen der Parteiführung autokratisches Verhalten vor.
Kurz vor der Europawahl wollte AfD-Chef Bernd Lucke seine Machtbasis in der Anti-Euro-Partei massiv ausbauen - und erlitt eine herbe Niederlage. Nach heftiger Kritik der Basis auf dem Mitgliederparteitag in Erfurt zog Lucke am Samstag den umstrittenen Antrag für eine neue Führungsstruktur zurück. Zeitweise drohte der Parteitag ins Chaos abzudriften, in einer erregten Debatte warfen Mitglieder der Parteiführung autokratisches Verhalten vor.
Delegierte buhen Parteichef Lucke aus
Mehrere der rund 1000 Delegierten beschwerten sich darüber, dass die Parteiführung einen überarbeiteten Antrag für die Führungsreform erst am späten Abend des Vortags versandt habe. "Ich bin selbst unglücklich über das Verfahren", sagte Lucke. Der Satzungsantrag sei tatsächlich "nicht fristgerecht" eingereicht worden und solle deshalb zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden. Luckes Wortmeldung in der Satzungsdebatte wurde von Buh-Rufen und Pfiffen der Basis begleitet.
Die in Erfurt versammelten Mitglieder hatten Lucke zuvor ihren Unmut spüren lassen. "Das ganze hat schon sehr stark autokratische Züge, als überzeugter Basisdemokrat muss ich mein Befremden ausdrücken", sagte ein Delegierter. Ein weiterer sagte an die Adresse des Vorstands: "Ich fühle mich von Ihnen absolut manipuliert."
Lucke wollte sich zum einzigen Parteivorsitzenden der AfD machen
Luckes Pläne hatten vorgesehen, dass anstelle der bisherigen Spitze aus drei gleichberechtigten Vorstandssprechern nur noch ein Parteivorsitzender die AfD führen soll - er selbst. An der Seite des künftigen Parteichefs sollte ein Vorstand mit erweiterten Vollmachten stehen: Die Parteispitze sollte dann Vorstandsmitglieder absetzen oder ganze Gebietsverbände der AfD auflösen können, wenn sie einen Verstoß gegen die Satzung sieht.
Mit dem Ausbau ihrer Durchgriffsrechte auf die Partei wollte die AfD-Spitze auf die heftigen internen Querelen reagieren, die in den vergangenen Monaten mehrere Landesverbände lähmten.
Ihre Bereitschaft zum internen Konflikt demonstrierte die AfD auch auf dem Erfurter Bundesparteitag. Allein die Wahl eines Versammlungsleiters für den Parteitag - eigentlich eine Formsache - löste eine einstündige turbulente Debatte aus, die von Misstrauen und gegenseitigen Schuldzuweisungen geprägt war. "Lassen Sie uns jetzt nicht zynisch werden, sondern endlich den Parteitag beginnen", appellierte Vorstandssprecherin Frauke Petry an die anwesenden Mitglieder.
Lucke bemüht sich um Abgrenzung zu rechtsextremen Kräften
Lucke rief die Basis auf, sich auf eine neue Umgangsform zu besinnen. "Wie in einem revolutionärem Getümmel wird oft nach allen Seiten kräftig ausgeteilt", beschrieb er die Lage in seiner Partei. "Wenn wir dazu finden könnten, dass die Umgangsformen bei uns ein bisschen weniger pseudorevolutionär werden, dann würde ich mich sehr freuen."
Im programmatischen Teil seiner Rede bemühte sich Lucke, die AfD von rechtsextremen Kräften abzugrenzen. Die AfD sei keine "deutsche Tea Party". Er wolle "alles dafür tun, dass die AfD eine von engstirniger Ideologie freie, politisch breite Volkspartei des gesunden Menschenverstands" werde. Den Medien warf Lucke vor, die AfD zu verunglimpfen. Dafür erhielt er Beifall und stehende Ovationen.
Auf dem Parteitag will die AfD ein Programm für die Europawahl im Mai verabschieden. Bei dem Wahlgang im Mai hat die AfD gute Chancen, mehrere Abgeordnete ins Europaparlament zu entsenden. Nach Luckes Angaben zählt die AfD 18.000 Mitglieder. afp
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