Dein ist mein ganzes Reich
Wladimir Putin bleibt. Der scheidende russische Präsident soll neuer Regierungschef werden. Vorgeschlagen hat das Putins Wunschnachfolger Dmitri Medwedew. Um seinen Plan durchsetzen zu können, muss der nur noch die Präsidentschaftswahl im März 2008 gewinnen.
Moskau (dpa) - Im Gespann mit einem künftigen Präsidenten Dmitri Medwedew soll Kremlherrscher Wladimir Putin als Regierungschef weiter die Geschicke Russlands lenken.
Mit der Ankündigung des Präsidentschaftskandidaten Medwedew, er wünsche sich den scheidenden Kremlchef als Ministerpräsidenten, fand das Rätselraten über die politische Führung des Landes am Dienstag ein Ende. "Nur mit einer solchen Zusammensetzung können die Machtorgane in unserem Land effektiv funktionieren", erklärte Medwedew im Staatsfernsehen.
Im Falle eines Sieges bei der Präsidentenwahl am 2. März 2008 wünsche er sich Putin als Regierungschef, hatte Medwedew gesagt. Putin selbst hatte im Oktober das Amt des Regierungschefs für sich erwogen. Der Westen reagierte in ersten Reaktionen positiv, der russische Aktienmarkt verzeichnete Rekordgewinne.
Putin hat stets erklärt, weiter politischen Einfluss auf sein Land nehmen zu wollen. Er ließ allerdings bisher offen, in welcher Funktion dies geschehen könne. Anfang Oktober hatte sich der Präsident als Spitzenkandidat der Kremlpartei Geeintes Russland für die Dumawahl am 2. Dezember aufstellen lassen. Zur Präsidentenwahl im nächsten Jahr darf Putin gemäß Verfassung nicht für eine dritte Amtszeit in Folge kandidieren.
Die anderen kremlnahen Parteien begrüßten Medwedews Vorstoß. "Aber natürlich muss man die Zustimmung Putins noch abwarten", sagte der Politiker Alexander Babakow von der Partei Gerechtes Russland. Als möglicher künftiger Präsident Russlands kündigte Medwedew am Dienstag umfassende Sozialprogramme für Russland an. Dazu sollten Gewinne aus den wirtschaftlichen Erfolgen der vergangenen Jahre in die "bereits existierenden sozialen Projekte" investiert werden.
Putins Rolle sei wichtig, "um die Kontinuität des seit acht Jahren eingeschlagenen Kurses zu sichern", sagte Medwedew, der auch Aufsichtsratschef beim staatlichen Gasmonopolisten Gazprom ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Nominierung Medwedews, die der Parteitag der Kremlpartei am 17. Dezember bestätigen soll.
Für das Land seien Stabilität, die Verbesserung der Lebensqualität und eine dauerhaft ruhige Entwicklung von Bedeutung, sagte der 42-jährige Medwedew. Dabei seien erste "bescheidene Ergebnisse" zu verzeichnen. "Unsere Wirtschaft ist wesentlich gefestigt worden, wir leben nicht mehr auf Pump und richten uns nach unseren finanziellen Möglichkeiten", meinte er.
Der stellvertretende Parlamentspräsident Oleg Morosow sprach von einer "einmaligen Chance", dass ein "junger, agiler und sehr erfahrener Politiker (Medwedew) zusammen mit der angesehensten Autorität des Landes (Putin)" Russland führen könne. "Beide werden praktisch als Paar bei der Präsidentenwahl antreten", sagte der Politologe Sergej Markow.
Laut Umfragen wollen mehr als 60 Prozent der Wahlberechtigten jenem Kandidaten bei der Wahl am 2. März ihre Stimmen geben, der von Putin unterstützt wird. Bei der Dumawahl vor einer Woche erhielt die Putin-Partei eine Zweidrittelmehrheit. Damit können die Abgeordneten die Verfassung ändern - Geeintes Russland hatte, wie am Dienstag bekannt wurde, mit umgerechnet 34 Millionen Euro Ausgaben den teuersten Wahlkampf aller elf Parteien bei der Dumawahl.
Russische Medien spekulierten darüber, dass Putin die Mehrheit in der Staatsduma benutzen könnte, um die Amtszeit des Präsidenten auf sieben Jahre zu verlängern - mit dem Ziel, selbst nach einem möglichen Rücktritt Medwedews in den Kreml zurückzukehren. "Unklar bleibt nur, wer Medwedew davon letztlich überzeugen kann, freiwillig zurückzutreten, wenn ihm erst einmal die ganze Fülle der Macht gehört", schrieb die Moskauer Tageszeitung "Gaseta" (Dienstag).
Die liberale Oppositionspartei Union Rechter Kräfte (SPS) äußerte sich ebenfalls skeptisch: "Ich bin sehr verwundert, dass Putin die untergeordnete, zweite Machtposition im Staat einnehmen sollte", sagte der stellvertretende SPS-Vorsitzende Leonid Gosman.
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