
Mehrheit der Bundesländer gegen einheitliche Schulbücher

Berlin (dpa) - Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ist mit ihrer Forderung nach einheitlichen Schulbüchern für ganz Deutschland auf wenig Gegenliebe in den Bundesländern gestoßen.
In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa lehnte die Mehrheit der Länder den Vorstoß als zu kurz gedacht oder nebensächlich ab. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland begrüßten die Idee ohne Abstriche. Hamburg, Sachsen-Anhalt und Bremen zeigten sich offen für eine Diskussion.
Die breite Mehrheit der übrigen Länder wandte sich jedoch ausdrücklich gegen Schavans Vorschlag. Wichtiger als die Wahl der Bücher sei die Einhaltung der vereinbarten Bildungsstandards, lautete das häufigste Argument. Der Weg zu diesem Ziel müsse Ländern und Schulen frei gestellt bleiben.
Seit PISA gebe es einen breiten Konsens, dass es auf Ergebnisse ankomme, argumentierte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). Statt Schulbüchern gehöre die Frage der unterschiedlichen Schulstrukturen auf die bundesweite Tagesordnung.
Ein Sprecher des niedersächsischen Kultusministeriums nannte Schavans Vorstoß "kontraproduktiv". Minister Bernd Busemann (CDU) wolle den Schulen mehr Eigenverantwortung und Freiheit geben, um ihr Profil zu schärfen.
Nordrhein-Westfalens Schulministerium nahm seine Pädagogen in Schutz. "Wir sollten unseren Lehrern die Kompetenz zutrauen, für ihre Schüler die jeweiligen Medien aussuchen zu können", sagte ein Sprecher. Rheinland-Pfalz pochte ebenfalls auf die eigenständige Auswahl der Bücher.
Auch Brandenburg und Berlin sind gegen einheitliche Lernmittel. Dass Schulen unter den Büchern auswählen könnten, sei auch im Sinne des Wettbewerbs, sagte ein Sprecher des Brandenburgischen Bildungsministeriums. Hessen sieht im Wettbewerb der Verlage darüber hinaus einen Motor für ein Plus an Qualität bei Schulbüchern. Das Thüringer Kultusministerium lehnte Schavans Vorschlag rundweg ab. Wichtig sei, dass Bildungsstandards umgesetzt würden. Dann sei es zweitrangig, mit welchem Buch die Inhalte vermittelt würden.
Auch Baden-Württembergs Kultusminister Helmut Rau (CDU) ist gegen zentrale Vorgaben. Aus seiner Sicht sind Bildungspläne wichtiger. Anders als Lehrpläne schrieben sie nicht Lehrinhalte vor, sondern die Fähigkeiten, die ein Schüler am Ende eines Schuljahres erworben haben muss. "Dabei haben die Schulbücher nur die Rolle eines Hilfsmittels und nicht die einer Lokomotive", betonte Rau.
In Sachsen ist Schavans Vorstoß mit Zurückhaltung aufgenommen worden. "Einheitliche Standards sind nicht nur an Schulbüchern festzumachen, das wäre zu kurz gedacht", sagte Kultusminister Steffen Flath (CDU) nach Angaben einer Sprecherin. Er halte den Vorschlag Schavans nicht für abwegig. "Der Weg dorthin sollte aber den Ländern überlassen werden."
Bremen und Sachsen-Anhalt stehen einheitlichen Schulbüchern bereits heute offen gegenüber. Hamburgs Bildungsbehörde betrachtete den Vorschlag von der finanziellen Seite. "Wenn eine Vereinheitlichung der Schulbücher dazu führen würde, dass die Kosten geringer werden, ist das durchaus zu begrüßen", sagte ein Sprecher von Senatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU).
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch (CDU) stimmte Schavans Idee uneingeschränkt zu. Zu den angestrebten einheitlichen Bildungsstandards gehörten auch einheitliche Schulbücher insbesondere in den Grundfächern, sagte Tesch laut einer Pressemitteilung. "Das würde nicht nur den Lehrern die Arbeit erheblich erleichtern, sondern auch zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der Leistungen zwischen den einzelnen Bundesländern führen." Auch aus Sicht des saarländischen Kultusministers Jürgen Schreier (CDU) sind mehr Gemeinsamkeiten über Ländergrenzen hinweg wünschenswert. Er sprach von einer "übertriebenen Schulbuchvielfalt".
Die Diskussion ist geschlossen.