Streit um Spritsteuer
Ungeachtet des Protests aus Berlin will Brüssel die Kraftstoff-Abgaben umstellen. Weiter Verwirrung um Diesel
Brüssel Proteste der Autobauer und ein striktes „Nein“ der Kanzlerin schon im Vorfeld – all das konnte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta nicht beeindrucken. Am Mittwoch legte der EU-Steuerkommissar aus Litauen unbeeindruckt und unverändert jenes Konzept zur künftigen Energiebesteuerung vor, das schon seit Tagen für Aufruhr in den Mitgliedstaaten sorgt, weil es zu deutlich höheren Preisen für Diesel-Kraftstoff führen wird. Was der Kommissar als gerechte und transparente Energiebesteuerung bezeichnete, nennen Abgeordnete des Europäischen Parlaments bereits „Unsinn“ und „Abzocke“.
Kern des Plans der Brüsseler Kommission ist eine Anhebung der Mindeststeuern, die derzeit 36 Cent für Benzin und 33 Cent für Diesel betragen. Sie sollen bis 2018 für Diesel auf 41,2 Cent steigen. Benzin bleibt unverändert. Allerdings geht dieser Schritt an den deutschen Autofahrern spurlos vorüber, denn hierzulande liegen die Abgaben schon heute deutlich höher: 65,4 Cent werden von jedem Liter Superbenzin in die Staatskasse abgeführt, 47 Cent sind es beim Diesel-Sprit.
Spätestens 2023 aber soll die zweite Stufe des neuen Paketes gezündet werden: die Abkehr von Besteuerung nach der abgegebenen Menge. Entscheidend wird dann der Energiegehalt des Kraftstoffes. Diesel gilt als effizienterer Treibstoff. Das soll sich nach dem Willen der Kommission auch bei den steuerlichen Sätzen widerspiegeln: Der Abstand müsse mindestens 15 Prozent betragen, heißt es in der Vorlage des EU-Kommissars.
Um das zu erreichen, könnte die Bundesregierung entweder die Abgaben auf Benzin senken oder aber die auf Diesel erhöhen. Da Ersteres kaum anzunehmen ist, würde die Mindeststeuer für Diesel auf rund 75 Cent steigen müssen. Nur die Besitzer neuerer Diesel-Fahrzeuge dürften von den Plänen der EU-Kommission profitieren – vorausgesetzt, ihr Fahrzeug rollt auch mit Biodiesel gut. Der ist nämlich weniger energiehaltig, gibt weniger CO2 ab und könnte billiger werden. Das Durcheinander wird dadurch komplettiert, dass sich die Preise für Diesel und Superbenzin trotzdem annähern dürften. Der Grund: Die Kommission will nicht nur den Energiegehalt zur Grundlage der Besteuerung machen, sondern auch den CO2-Ausstoß. Das wird dazu führen, dass Superbenzin zwar wegen seiner geringeren Effizienz etwas niedriger besteuert wird, aber einen kräftigen Zuschlag wegen der relativ hohen Kohlendioxid-Emissionen bekommt. Beim Diesel verhält es sich umgekehrt: Er ist energiehaltiger, erzeugt aber beim Verbrennungsprozess kaum CO2. Somit könnten sich die Preise angleichen.
Paket aus Brüssel enthält weitere Problemthemen
Das Paket aus Brüssel enthält aber noch weitere Problemthemen. Ausdrücklich will die Kommission alle bisherigen Steuererleichterungen verbieten. Somit könnten künftig weder Taxis noch landwirtschaftliche Maschinen, noch Fahrzeuge im öffentlichen Personennahverkehr von geringeren Steuersätzen profitieren. Wenn das bekannt wird, geht der Krach erst los, unkte ein Experte aus dem Umfeld der Kommission. Dabei ist unklar, ob Kommissar Semeta und sein Paket das parlamentarische Verfahren überstehen. Neben Deutschland haben Großbritannien, Irland, Frankreich und die Niederlande ein „Nein“ angekündigt. Und eine Ablehnung im Kreis der Finanzminister reicht, um es scheitern zu lassen.
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