Obamas verpatzte Siegesfeier
Barack Obama hatte sich das alles so schön ausgedacht: Eine Vollmondnacht in Iowa, dort, wo der dramatische Vorwahlkampf mit seinem ersten Triumph begann; dazu der Kandidat in Siegerpose. Eine Idee wie aus einem Hollywood-Drehbuch. Doch die voreilig angesetzte Siegesfeier geriet am Ende zum leicht gekünstelten Auftritt. Von Markus Günther
Washington Barack Obama (und mehr noch wohl: seine neunmalklugen Wahlkampfstrategen) hatten sich das alles so schön ausgedacht: Eine Vollmondnacht in Iowa, dort, wo der dramatische Vorwahlkampf im Januar mit Obamas erstem Triumph begann; dazu der Kandidat in Siegerpose, staatsmännisch, schon fast Präsident. Eine Idee wie aus einem Hollywood-Drehbuch.
Doch die voreilig angesetzte Siegesfeier geriet am Ende zum leicht gekünstelten Auftritt eines Kandidaten im Wartestand. Nicht einmal Obama wollte es schließlich wagen, sich zum Sieger der "Primaries" zu erklären und so den zähen Nominierungsmarathon mit einem Gewaltakt zu beenden. Stattdessen sagte er etwas kleinlaut, die Nominierung liege nun für ihn "in greifbarer Nähe". Das stimmt. Aber da liegt sie schon seit einer ganzen Weile.
Einer der vielen Schönheitsfehler bei Obamas Auftritt in Des Moines war das Wahlergebnis, das zu diesem Zeitpunkt aus Kentucky frisch hereinkam: Hillary Clinton, de facto längst chancenlos, aber unbeugsam und kämpferisch bis zuletzt, gewann mit 65 Prozent der Stimmen. Obama kam auf magere 30 Prozent. Für eine Jubel-Arie ist eine solche Niederlage eine ziemlich störende Hintergrundmusik. Dass Obama in Oregon einen Sieg verbuchen konnte, ändert wenig daran, dass der unvermeidliche Sieger im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur auf der Zielgeraden die schlimmsten Niederlagen einstecken muss.
Wie passt das alles zusammen? Und wie endet nun der seltsame Schwebezustand, in dem die Verliererin ständig gewinnt und der Sieger immer häufiger verliert? Das sind die Fragen, die auch in dieser Wahlnacht heftig diskutiert werden. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass Hillary Clinton nach der letzten Vorwahl am 3. Juni aufgibt und zugleich ihre Unterstützung für Obama erklärt. Damit wären, spät, aber immerhin, alle Probleme gelöst.
Doch Obama will nicht länger warten. Sein Team versucht, in dieser Nacht die Diskussion mit einer dramatischen "Eilmeldung" zu beeinflussen, die bei näherem Hinsehen ziemlich undramatisch ist: Obama habe nun eine absolute Mehrheit der Delegiertenstimmen errungen. Das stimmt, und es stimmt auch wieder nicht. Denn Obama zählt dabei die "Superdelegierten" einfach nicht mit. Ohne die aber kann auch er nicht Kandidat werden.
Allerdings ist Hillary Clinton von einer Mehrheit noch viel weiter entfernt. Obama führt uneinholbar. "Wir haben die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen in den Primaries gewonnen", sagt die frühere First Lady in Kentucky. Auch das ist eine Milchmädchenrechnung, die nichts zur Sache tut. Es zählen die Delegiertenstimmen, und daran gemessen scheint Hillary Clintons Schicksal besiegelt.
Stärker als bei früheren Auftritten betont Hillary Clinton an diesem Abend, dass sie als Frau gegen stärkere Widerstände kämpfen muss. Barack Obama nimmt das Thema geschickt auf, indem er ihr dankt und von seinen eigenen Töchtern spricht, "die von dem profitieren werden, was Hillary Clinton für alle Frauen erreicht hat". Den entscheidenden Satz, mit der sich selbst an diesem Abend zum Kandidaten krönen wollte, sagte er aber nicht. In Montana, South-Dakota und Puerto Rico wird in den nächsten Wochen noch gewählt. Obama muss mit der Siegesfeier noch einmal warten.
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