Aus Liebe zu seiner Frau: Müntefering tritt zurück
Der Schritt kam ohne Vorwarnung: Nach nur zwei Jahren tritt Arbeitsminister und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) von seinen Ämtern zurück - aus Liebe zu seiner schwer kranken Frau. Über seine Nachfolge wurde bereits entschieden.
Berlin (AZ, dpa, ddp) - Franz Müntefering hat für einen politischenPaukenschlag gesorgt: Der Vizekanzler und Arbeitsminister tritt nachpolitischen Niederlagen und aus Sorge um seine krebskranke Frauüberraschend von seinen Ämtern zurück. Nachfolger im Ministeramt wirdnach Angaben des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck der ParlamentarischeGeschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz. Den Posten desVizekanzlers übernimmt nach der Verständigung in der SPD-SpitzeAußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).
In einerStellungnahme nach Ankündigung des Rücktritts erklärte der bisherigeArbeitsminister und Vizekanzler, er werde am 21. November das Kabinettverlassen. "Der Grund ist rein familiär und persönlich", so Müntefering.
SeineFrau sei "seit geraumer Zeit erheblich erkrankt". In den letzten Wochensei eine schwierige Operation nötig gewesen, "die fünfte seit 2001"."Es wird eine lange Phase der Reha geben, und ich möchte dabei sein."Es lasse sich nicht vereinbaren, gleichzeitig bei seiner Frau zu seinund ein Ministerium zu leiten. Ersteres sei jetzt seine wichtigsteAufgabe.
"Ausdrücklich" wehrte sich Müntefering gegenBehauptungen, es gebe einen politischen Grund für seinen Rücktritt. Erfühle sich weiterhin "stark genug", politische Kämpfe auszufechten, undsei "nicht müde". Und überhaupt sei das, was er tue, "kein Abschied,kein Ausstieg" aus der Politik - schließlich bleibe er im Bundestag.
Zuletzthatte Müntefering allerdings zwei politische Niederlagen einsteckenmüssen und sich auch einen Machtkampf mit SPD-Chef Kurt Beck geliefert.Der SPD-Parteitag vor zwei Wochen hatte sich trotz der prinzipiellenBedenken Münteferings für eine Verlängerung der Bezugsdauer für dasArbeitslosengeld I entschieden, die von Beck vorgeschlagen worden war.In der Nacht zum Dienstag dann einigte sich nun der Koalitionsausschussauf eine Verlängerung im Sinne Becks. Künftig sollen demnach über58-Jährige 24 Monate Arbeitslosengeld I erhalten. Ab 50 Jahren seien 15Monate und für über 55-Jährige 18 Monate vorgesehen, heißt es.
DerKoalitionsausschuss verständigte sich zugleich darauf, den Beitragssatzzur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2008 von derzeit 4,2 auf 3,3Prozent zu senken.
Am Widerstand der Union war
indieser Sitzung zudem mit seinem Vorhaben gescheitert, in derPostbranche ab dem 1. Januar einen
einzuführen. Auch beimThema Bahn-Privatisierung gingen die Koalitionspartner unverrichteterDinge wieder auseinander.
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