Grüner Werbegag
Deutschland und China planen einen gemeinsamen Ökopark. Wer dabei gewinnt, ist unklar. Verlierer könnten einheimische Bauern sein
Peking Öko zieht immer, mag sich Chinas Wirtschaftsminister Chen Deming gedacht haben, als er seinem deutschen Amtskollegen Rainer Brüderle (FDP) vor zwei Jahren die Gründung eines gemeinsamen Umweltparks vorschlug. China hat gewaltige ökologische Probleme, Deutschland moderne Umwelttechnologie – wie sollte eine Kooperation da keine Win-win-Lösung sein? Brüderle gefiel die Idee und Anfang Dezember wurde nahe der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao der Grundstein für den „Sino-German Eco-Park“ gelegt.
Zehn Quadratkilometer Land, eine Fläche, so groß wie die Berliner Innenstadt, ist reserviert. Zehntausende Menschen sollen dort leben, arbeiten und forschen. Doch wer davon profitiert – Chinesen, Deutsche oder die Umwelt –, ist unklar.
Nach zwei Jahren Verhandlungen ist offensichtlich, dass die Chinesen andere Vorstellungen hatten als die Deutschen. „Wir wollen einen Ökopark, der nicht nur ein Etikett ist, sondern echte Substanz schafft“, sagt Ralf Marohn, Geschäftsführer der Beratungsfirma „Far Eastern“, die das Projekt mit entwickelt hat und in Deutschland vertritt. „Um ganz ehrlich zu sein: Dass dies gelingt, ist noch nicht sichergestellt.“
In Qingdao sollen Firmen aus Zukunftsbranchen wie Wind- und Wasserenergie, Solarthermie, Photovoltaik, Biogas, Recycling, Elektromobilität oder Gebäudetechnik angesiedelt werden. Auch die Nähe von Wohnort und Arbeitsplatz soll verwirklicht werden.
Auch Altbundeskanzler Gerhard Schröder ist involviert
Geplant wird das Areal – wie schon Dutzende andere in China – von dem Hamburger Architekturbüro GMP. Altbundeskanzler Gerhard Schröder ist als Unternehmensberater ebenfalls in das Projekt involviert. Obwohl die Planung auf Regierungsebene koordiniert wird, sollen von deutscher Seite keine Steuergelder fließen. Es handle sich um ein „politisch flankiertes privatwirtschaftliches Projekt“, lautet die offizielle Sprachregelung. Was allerdings an dem Ökopark ökologisch sein soll, kann einem bisher niemand erklären.
Beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) heißt es auf Anfrage, es würden derzeit noch „verschiedene Standardisierungsansätze erörtert“. Sicher sei bisher nur, dass die Vorgaben nicht von Ökoinstituten, sondern im Konsens mit Unternehmen erstellt werden sollen, sagt Marohn. „Schließlich wollen wir Lösungen, die auch wirtschaftlich sind.“ Was pragmatisch klingt, kann auch heißen: Ökologisch ist, was sich als ökologisch verkaufen lässt. Doch damit droht der Park just in die Falle zu treten, an denen in China viele andere Ökoprojekte gescheitert sind.
„Chinas Regierung fördert im ganzen Land Ökosiedlungen, weil sie gerne den Eindruck erwecken möchte, sie denke nachhaltig“, sagt der Umweltexperte Wen Bo. „Die Ambitionen sind immer groß, aber Ergebnisse gibt es fast nie.“ Für chinesische Politiker und Planer gelte eine Stadt schon als Ökostadt, wenn sie modern aussehe, saubere Straßen und einige Grünflächen aufweise. „Das Konzept dient nicht dem Schutz der Umwelt und des Klimas, sondern soll Investitionen anziehen, vor allem aus dem Ausland“, erklärt Wen. „Öko ist in China ein Werbegag zur Vermarktung von Immobilienprojekten.“
Vierzehn Dörfer sollen weichen, um Platz zu schaffen
Doch der Gag hat Folgen. Vierzehn Dörfer sollen für das Projekt umgesiedelt werden. Dass chinesische Ämter dabei regelmäßig zu brutalen und rechtswidrigen Mitteln greifen, ist gut dokumentiert. „Wenn die Entschädigung nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen abläuft, könnte das aus deutscher Sicht ein K.-o.-Kriterium sein“, sagt Marohn. Ein Blick auf die Webseite der Bezirksregierung von Hongshiya nährt Zweifel: Mehrere Dorfbewohner beschweren sich dort über die Entschädigungspolitik. „Die Nachricht über den Ökopark versetzt uns Bauern in große Panik“, schreibt einer. „Die Besitzurkunden für unsere Häuser haben sie schon eingesammelt, wir haben also keine andere Wahl, als das zu akzeptieren.“
Bei Enteignungen werden Bauern oft von Beamten überrumpelt, die von ihnen die Herausgabe von Dokumenten fordern und diese ohne weitere Rücksprache gegen festgesetzte Entschädigungen austauschen. Am 25. August schreibt ein Bauer: „Heute sind die Entschädigungsregeln bekannt gegeben worden.“ Pro Mu (666 Quadratmeter) würden 40000 Yuan (4800 Euro) bezahlt. „Wir sind alle wütend.“
Ende Oktober scheinen die Entschädigungsangebote erhöht worden zu sein, zumindest für einige. Ein Bauer schreibt, in seinem Dorf würden für einen Hof umgerechnet 6000 Euro bezahlt, in einem anderen jedoch 20400 Euro. „Die Beamten sollten für das Wohl des Volkes arbeiten, aber sie sind korrupt.“ Ein anderer schreibt: „Alle Bewohner in der Region des Ökoparks sollten wachsam bleiben.“
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