Weg frei für neue Branchen-Mindestlöhne
Berlin (dpa) - Der Weg für neue Mindestlöhne in mindestens drei Branchen ist frei. Für die Großwäschereien und die Branche der Bergbau-Spezialarbeiten einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften im Tarifausschuss beim Bundesarbeitsministerium auf Lohnuntergrenzen.
Für Mindestlöhne in der Abfallwirtschaft gebe es "deutliche Signale der Arbeitgeber" für eine Verständigung, erfuhr die Deutsche Presse- Agentur dpa am Montag nach der Sitzung aus Teilnehmerkreisen.
Die Tarifparteien in der Abfallwirtschaft, für Großwäschereien und die Bergbau-Spezialarbeiten hatten zuvor eigene Mindestlohn- Tarifverträge ausgehandelt. Diese kann Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) nun als allgemeinverbindlich für die gesamte Branche erklären. Damit wird es demnächst Mindestlöhne für weitere knapp 230 000 Beschäftigte geben. "Schritt für Schritt gibt es immer mehr Mindestlöhne in Deutschland", erklärte Scholz.
Bei der Entscheidung über Mindestlöhne in zwei weiteren Branchen - für die Wach- und Sicherheitsdienste sowie die beruflichen Weiterbildungseinrichtungen - gab es im Ausschuss ein Patt und damit keine Verständigung. Die Entscheidung für diese beiden Branchen mit zusammen knapp 200 000 Beschäftigten liegt damit nicht mehr bei Scholz, sondern bei der gesamten Bundesregierung.
Die Höhe der neuen Mindestlöhne variiert nach Tätigkeit und Region. Die Spanne reicht von 6,36 Euro in Großwäschereien (Ost) bis 12,41 Euro für Bergbau-Facharbeiter. Zum ersten Mal werden damit Mindestlöhne über das novellierte Entsendegesetz eingeführt. Auf dieses hatte sich die große Koalition nach langem Tauziehen im Frühjahr geeinigt.
Wegen unüberbrückbarer Differenzen zwischen Union und SPD gelang es jedoch nicht, für die Zeitarbeitsbranche eine Mindestlohn-Regelung nach dem Entsendegesetz zu erreichen. Bislang gibt es Mindestlöhne bereits in sechs Branchen mit zusammen etwa 1,7 Millionen Beschäftigten. Dazu zählen die Bauwirtschaft, das Maler- und Lackiererhandwerk, die Gebäudereiniger und die Postdienste.
Gegen den Mindestlohn im Wach- und Sicherheitsgewerbe votierten die Vertreter der Gewerkschaften, gegen die Lohnuntergrenze für die beruflichen Weiterbildungseinrichtungen die Arbeitgeber.
DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki zeigte sich über das Ergebnis enttäuscht: "Nur für zwei von fünf Branchen konnte bisher eine sichere Einigung über angemessene Mindestlohntarifverträge erzielt werden. Das zeigt, dass dieser Weg nur ein zudem sehr beschwerlicher Zwischenschritt sein kann. Viele Tausend Beschäftigte warten weiterhin auf Existenz sichernde Löhne."
Die IG Metall begrüßte, dass für die Beschäftigten der Großwäschereien die tariflich vereinbarten Lohnuntergrenzen nun für allgemeinverbindlich erklärt werden können. "Die nun getroffene Regelung bietet in ihrer Kombination einen vernünftigen Weg, mit einem abgestimmten System von tariflichen und gesetzlichen Mindestlöhnen Lohndumping zu verhindern", sagte IG Metall- Vorstandsmitglied Helga Schwitzer.
Linken-Fraktionsvize Werner Dreibus sieht in dem Ergebnis den Beweis, dass branchenspezifische Mindestlöhne ein "untaugliches Instrument zur Bekämpfung von Armut trotz Arbeit" sind.
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