Der Ex-Präsident zeigt erneut, dass er keine Skrupel hat, seiner Partei schweren Schaden zuzufügen. Warum viele Demokraten eher DeSantis als Kandidat fürchten.
Es ist offensichtlich nicht so, dass viele der Kandidaten, die Trump in mehreren Bundesstaaten in Stellung brachte, daran scheiterten, dass sie ideologisch extrem sind. Sie haben ihre Wahlen verloren, weil sie schlicht nicht in der Lage waren, ihre radikalen Ansichten in ein halbwegs stringentes Konzept zu zwingen. Kurz gesagt, ihre intellektuellen Fähigkeiten und ihre persönliche Glaubwürdigkeit erwiesen sich als derart unterentwickelt, dass sogar viele ultrakonservative Anhänger der Republikaner sie nicht wählen mochten.
Ein Gegenentwurf ist der alte und neue Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Ein Mann, der übertragen auf die politischen Koordinaten Deutschlands, ob seiner diskriminierenden, ja hetzerischen Aussagen hierzulande als rechter Extremist gelten würde. Doch er ist eloquenter, wirkt ernsthafter als das Gros der irrlichternden Kandidaten, die wie kleine Trumps agierten. Der Lohn ist ein triumphaler Sieg in Florida, der nicht nur von Stammwählern der Republikaner getragen wurde, sondern auch von Bevölkerungsschichten, die ihr Kreuz sonst eher bei einem Kandidaten der Demokraten gemacht haben – ein Kunststück, das Trump kaum jemand zutraut.
DeSantis hat sich behutsam von Trump emanzipiert
Dem Ex-Präsidenten ist nicht entgangen, dass sich DeSantis, der lange als loyaler Unterstützer von Trump galt, von seinem Vorbild emanzipiert. Dieser drohte umgehend mit Enthüllungen über den Wahlsieger. An diesem Punkt wird es interessant. Denn Trump demonstriert, dass er nicht zögert, seiner eigenen Partei zu schaden, um Konkurrenten auszubremsen. Ein Verhalten, das für die Republikaner ein Desaster bei den Präsidentschaftswahlen verursachen, ja in der Folge gar eine Spaltung der Partei provozieren könnte.
Unwahrscheinlich, dass Trump deswegen um den Schlaf gebracht wird. Seine Rechnung ist einfach: Je mehr Kandidaten gegen ihn antreten, um 2024 bei den Präsidentschaftswahlen Amtsinhaber Joe Biden oder einen anderen Demokraten herauszufordern, desto besser werden seine Chancen, erneut in den Ring steigen zu können. Schließlich kann er sich nach wie vor auf eine treue Anhängerschaft stützen. Anders sähe es aus, wenn sich die wachsende Zahl der Trump-Skeptiker relativ geschlossen hinter DeSantis vereinigen würden. Was allerdings geschehen könnte, wenn Trump von seiner Partei nicht nominiert werden würde, ist kaum vorherzusehen.
Trump könnte auch als unabhängiger Kandidat antreten
Schon geistert bei den Republikanern das aus ihrer Sicht katastrophale Szenario durch die Hinterzimmer, dass Trump dann bei den Präsidentschaftswahlen als unabhängiger Kandidat antreten könnte. Eine Konstellation, die geeignet wäre, die Partei ins Chaos zu stürzen.
Die Rechnung der Parteistrategen bei den Demokraten ist ebenfalls einfach: Joe Bidens Chancen im Weißen Haus zu bleiben, würden schlagartig steigen, wenn Trump ihn herausfordert. Biden – der gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hat – würde gegen den 44-jährigen DeSantis, der gerne seine Frau und seine kleinen Kinder mit auf die Bühne nimmt, weit älter wirken als in einem Duell mit dem heute 76-jährigen Trump.
Abseits aller taktischen Überlegungen in den Parteizentralen, droht die Hoffnung zu sterben, dass endlich ein Versöhnungsprozess in Gang gebracht werden könnte, um die tiefe Spaltung der USA zu mildern. Trump und DeSantis leben von permanenter Konfrontation. Beide sind fest davon überzeugt: Je tiefer die Gräben, desto besser ihre Chancen – ein gefährliches Verständnis von Politik.
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