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  3. Konfliktforscherin über Krieg in der Ukraine: Wann gibt es Frieden?

Krieg gegen die Ukraine
23.02.2023

Konfliktforscherin: "Ehe wir einen echten Frieden haben, wird es eine Generation dauern"

Die Ukraine ist schwer vom Krieg gezeichnet: Ein Rettungsarbeiter räumt die Trümmer eines Wohnhauses in Pokrowsk weg, das durch eine Rakete zerstört wurde.
Foto: Evgeniy Maloletka, dpa

Seit einem Jahr herrscht in der Ukraine Krieg. Die Friedensexpertin Nicole Deitelhoff glaubt nicht an ein schnelles Ende. Wie sie die Lage einschätzt und was westliche Waffen bewirken können.

Frau Deitelhoff, vor einem Jahr hat Russland die Ukraine überfallen. Schon damals gab es Debatten über Waffenlieferungen. Ein Argument dagegen war, dass es viel zu lange dauert, die ukrainische Armee zu schulen. Die Ukraine stand für viele als Verlierer fest. Haben wir diesen Krieg unterschätzt? 

Nicole Deitelhoff: Was wir auf jeden Fall falsch eingeschätzt haben, war der Wille der Ukrainer, sich in diesem Krieg zu verteidigen, sich zu wehren gegen die russische Invasion. Und da zähle ich mich dazu. Auch ich habe zunächst angenommen, dass der Krieg in wenigen Wochen beendet sein würde, dass die russischen Streitkräfte die Ukraine überrennen würden. Doch das ist nicht passiert. Wir haben eine sehr moderne, eine sehr kreative Kriegsführung aufseiten der ukrainischen Streitkräfte erlebt. Umgekehrt haben wir den Zustand der russischen Streitkräfte und des russischen Materials überschätzt. Die Logistik wurde schon in den Achtzigerjahren immer wieder bemängelt, Russland hat es bis heute nicht geschafft, diese Probleme zu beheben. 

Die Ukrainer punkten mit Kampfeswillen und Motivation, die Russen mit der Masse an militärischem Gerät und – man muss es so böse sagen – menschlichem Kanonenfutter. Was wird eher erschöpft sein?

Deitelhoff: Der Kampfgeist der Ukrainer ist ungebrochen. Es muss jetzt schnell schweres militärisches Material in die Ukraine geliefert werden, um eine Entlastung für die ukrainischen Streitkräfte zu schaffen. Denn die russische Strategie, die wir in den letzten Monaten beobachten mussten, ist, die zivile Infrastruktur massiv und systematisch auszuschalten. Es ist eine reine, brutale Terrorstrategie. Russland kämpft gerade um jeden Meter, Wladimir Putin schickt Mann für Mann nach vorn – Kanonenfutter ist das richtige Wort dafür. Weil es Putin egal ist, wenn 60 bis 70 Prozent der jeweiligen Einheiten in den Kämpfen fallen. Hauptsache, man ist wieder ein Stück vorangekommen. Das ist eine Strategie, die auf Dauer nur dann Erfolg hat, wenn sie mit einem unglaublich hohen Blutzoll bezahlt wird. Trotzdem wird die Ukraine auf lange Frist nicht dagegenhalten können. Dieses Mobilisierungspotenzial hat sie nicht. Deshalb ist Wolodymyr Selenskyj stark unter Druck geraten. 

Nicole Deitelhoff ist Friedens- und Konfliktforscherin.
Foto: www.imago-images.de

Der Westen liefert Kampfpanzer, die Debatte über die Lieferung von Kampfflugzeugen nimmt Fahrt auf – werden all diese Waffen der Ukraine helfen, Gebiete zurückzuerobern?

Deitelhoff: Ja, das können sie – zumindest punktuell. Aber ganz viel hängt davon ab, wann und wie viel tatsächlich in der Ukraine ankommt. Zwar hat sich eine internationale Allianz gebildet, die Kampfpanzer liefern wird. Doch so schnell geht das nicht. Und dabei ist nicht einmal so sehr die Ausbildung das Problem, die wird in ein bis zwei Monaten zu schaffen sein. Aber das Gerät muss erst einmal dorthin gelangen, wo es gebraucht wird. Nicht alles ist schon instandgesetzt und auch bereit für den Einsatz. Die Munition muss in ausreichendem Maße vorhanden sein. Wenn wir uns die unterschiedlichen Bewilligungen anschauen, dann werden in einem ersten Schwung wahrscheinlich 30 Kampfpanzer bis Ende März vor Ort sein können. Bis wir auf eine Zahl von 100 Kampfpanzern kommen, wird es weitaus länger dauern. Das wird Sommer oder sogar Herbst werden. Man muss sich klarmachen: Wenn wir wollen, dass die Ukraine das Kampfgeschehen zu ihren Gunsten umdrehen und systematisch Gebiete zurückgewinnen kann, dann müssten wir 300 bis 500 Kampfpanzer mit entsprechender Munition in den nächsten zwei bis drei Monaten liefern.

Haben Sie den Eindruck, dass das der Politik bewusst ist? Olaf Scholz warnte kürzlich vor einem Überbietungswettbewerb bei den Waffenlieferungen an die Ukraine … 

Deitelhoff: Ja, das glaube ich schon. Die Bundesregierung steckt in einem Dilemma. Sie will, dass die Ukraine diesen Krieg nicht verliert. Sie will aber gleichzeitig nicht, dass wir oder andere westliche Nato-Verbündete in eine direkte Konfrontation mit Russland hineingezogen werden. In der Debatte über Kampfflugzeuge sieht man das ganz gut. Selbst die großen Unterstützer der Ukraine, also US-Präsident Joe Biden oder der französische Premierminister Emmanuel Macron, argumentieren, dass mit der Lieferung von Kampfflugzeugen eine Grenze überschritten werden könnte. Kampfflugzeuge sind nur dann sinnvoll, wenn sie tatsächlich in russisches Gebiet eindringen. Denn die russischen Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur erfolgen nicht mehr mit Flugzeugen, die über die Ukraine fliegen. Die Bombardements gehen von russischem Territorium oder vom Schwarzen Meer aus. Will man die ausschalten, muss man nach Russland. Wenn die Ukraine das nicht macht, kann sie die Kampfflugzeuge nicht brauchen. Dass die Bundesregierung da Sorgen hat, das verstehe ich. Wird Putin dann noch bereit sein, diesen Krieg auf die Ukraine zu begrenzen, oder wird er ihn auf Nato-Gebiet ausdehnen? Natürlich wäre das auch für ihn keine rationale Strategie. Aber vielleicht ist das dann nicht mehr entscheidend für ihn. Deshalb verstehe ich, dass die Bundesregierung erst einmal schauen will, ob mit den Kampfpanzern zumindest an Land nicht auch eine effektive Verteidigung möglich ist. Es ist gut möglich, dass die Russen irgendwann nicht mehr genug Nachschub haben und die Ukraine Fortschritte machen kann. Aber all das heißt eben auch immer, dass die Ukraine nicht so wirklich vorankommt, dass sich alles verzögert. Es ist ein unglaublich quälender Prozess, der keine Seite komplett zufriedenstellen kann. Ein echtes Dilemma.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, gibt sich auch ein Jahr nach Ausbruch des Krieges siegesgewiss.
Foto: Olivier Matthys, dpa

Haben Sie den Eindruck, dass Deutschland eine Strategie hat in diesem Krieg? Oder kann man die gar nicht haben, weil Putin zu irrational handelt?

Deitelhoff: Ich sehe eine Strategie, aber sie wandelt sich. Die Grundüberzeugung bleibt: Wir dürfen Russland nicht durchkommen lassen mit dem Überfall auf die Ukraine. Zugleich dürfen wir auf gar keinen Fall riskieren, dass die Nato in eine direkte Konfrontation hineingezogen wird. Aber im Umgang mit diesen Zielen sehen wir einen großen Wandel. Die Haltung der Bundesregierung war zu Beginn des Krieges sehr viel konservativer, sehr viel zurückhaltender. Das hat sich geändert, als man Ende vergangenen Jahres gesehen hat, dass zum einen die Ukraine im Osten enorm unter Druck geraten ist, zum anderen Russland immer stärker die zivile Infrastruktur bombardiert hat. Das hat dazu geführt, dass wir heute viel stärker in die Offensive gehen, die Ukraine deutlicher und schneller unterstützen. Wir haben inzwischen eine proaktive deutsche Regierung.

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Nicht nur in der Bundesregierung ist etwas in Bewegung geraten, sondern auch in der Bevölkerung. Deutschland hat mit militärischen Einsätzen immer sehr gefremdelt. Hat sich unser Denken wirklich grundlegend geändert? 

Deitelhoff: Mich überrascht wirklich, dass selbst nach einem Jahr Krieg der Rückhalt für die Ukraine in der deutschen Bevölkerung noch so hoch ist. Ich finde das verblüffend. Unsere Gesellschaft hat traditionell eine hohe Aversion gegen Kriege. Das haben wir bei vielen früheren Einsätzen der Bundeswehr gesehen, die hatten nie einen großen Rückhalt in der Gesellschaft, es gab nie hohe Zustimmungsraten. Das ist diesmal anders – und das, obwohl die Bevölkerung jeden Monat, wenn sie ihre Rechnungen zahlen muss, sieht, was sie dieser Krieg kostet. Das deutet darauf hin, dass sich tatsächlich ein Wandel in den Einstellungen abzuzeichnen beginnt. Man macht sich heute in allen Teilen der Gesellschaft sehr viele Gedanken darum, was Sicherheit bedeutet und wie sich das übersetzen lässt. Für mich heißt das: Eine Bevölkerung im tiefen Frieden hat sich auf den Weg gemacht. Wohin der führt, ist allerdings unklar. Die Deutschen werden eher nicht wie die Amerikaner werden, die sich als Weltpolizei sehen. Ich erlebe eher eine große Verunsicherung: Auf der einen Seite will man sich produktiv einbringen, auf der anderen Seite sehe ich die Angst, dass dieser Krieg zu uns kommt. Diese beiden Pole in der Bevölkerung haben momentan Schwierigkeiten, miteinander zu reden – ähnlich, wie wir das während der Corona-Epidemie schon erlebt haben. 

Für das deutsche Selbstverständnis ist ein Blick in die eigene Vergangenheit sehr wichtig. Es hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt: Wer mehr Frieden will, braucht weniger Waffen. Nun erleben wir gerade die umgekehrte Logik …

Deitelhoff: Viele Kriege, die wir als Nachkriegsgesellschaft erlebt haben, waren solche, in denen sich Parteien in ethnischen Konflikten, in religiösen Konflikten oder wegen ökonomischer Interessen gegenüberstanden. Da schien es absolut logisch, dass man dies nicht noch befeuern wollte, indem man eine Seite mit Waffen ausgestattet hat. Ziel war es, auf einer zivilen Ebene zu einer Lösung zu kommen. Mit dieser Strategie haben wir auch viel Erfahrungen gesammelt. Was allerdings dabei etwas aus dem Blick geraten ist, ist der Aggressor. Was ist, wenn eine Führungsfigur ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen will? Das gab es in der Geschichte immer wieder. Und die Geschichte hat auch gezeigt, dass die Staatengemeinschaft das nicht zulässt, sondern ab einem gewissen Punkt eine Gegenallianz bildet und versucht, den Aggressor in Schach zu halten. Das geht meist nicht mit diplomatischen, sondern nur mit militärischen Mitteln. Der Unterschied, den wir gerade erleben, ist, dass der Aggressor dieses Mal eine nuklear bewaffnete Macht ist. Das verändert die Dynamik, weil die Staatengemeinschaft nicht in eine direkte militärische Konfrontation einsteigen kann.

Wenn man sich Umfragen anschaut, fällt immer wieder auf, dass die Anhänger der Grünen in großer Zahl hinter militärischen Einsätzen stehen. In der SPD tut man sich weitaus schwerer. Wie ordnen Sie das ein?

Deitelhoff: Tatsächlich gehöre ich zu denjenigen, die überrascht sind, dass das andere überrascht. Ich höre immer wieder das Argument, dass die Grünen aus der Friedensbewegung hervorgegangen sind. Das sehe ich nicht so. Die Grünen sind aus der Ökologiebewegung hervorgegangen, auch wenn sie mit der Friedensbewegung verknüpft waren. Als die Grünen das letzte Mal Teil der Bundesregierung waren und den Außenminister gestellt haben, beteiligte sich die Bundeswehr an einem Nato-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien. Der damalige deutsche Außenminister Joschka Fischer machte deutlich: Unser „Nie wieder“ müsse Verpflichtung sein, einen möglichen Völkermord aufzuhalten – auch mit militärischen Mitteln. Das ist etwas, das bei den Grünen immer eine große Bedeutung gespielt hat: der robuste Schutz von Menschenrechten, auch mit militärischen Mitteln. Wenn es systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit gab, gab es in der grünen Partei immer eine starke Zustimmung auch zu einem robusten Vorgehen. Das ist in der SPD durchaus anders, dort wiegt das Erbe der Friedensbewegung viel schwerer. Hinzu kommt eine große Nähe vieler Parteimitglieder zu Russland. Und beides zusammen macht es für diese Parteimitglieder sehr viel schwieriger, sich zu öffnen für ein militärisches Vorgehen.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Ausfuhr von bis zu 178 Kampfpanzern des Typs Leopard 1 A5 in die Ukraine genehmigt.
Foto: Constanze Emde, dpa

Trotz aller schlechten Nachrichten: Alle träumen vom Frieden in der Ukraine. Nehmen wir den positiven Fall: Die militärische Phase endet – reicht das, um von Frieden zu sprechen?

Deitelhoff: Nein, es reicht nicht, wenn die Waffen niedergelegt werden und man nicht mehr aufeinander schießt. Das ist das, was wir einen negativen Frieden nennen. Natürlich ist der immer noch besser als ein Krieg. Aber ein negativer Frieden ist nicht besonders stabil. Die Gefahr, dass die Gegner wieder in den nächsten gewaltsamen Konflikt miteinander geraten, ist sehr hoch – solange nicht die Konfliktursachen geklärt sind. Darum muss es uns auch im Krieg zwischen Russland und der Ukraine gehen. Aber wie kann das aussehen? Da geht es um historische Gebietsansprüche, es geht um Sicherheitsbedürfnisse beider Seiten, es geht um die Aufarbeitung von Verbrechen und um vieles mehr. Wenn es zu Verhandlungen kommt, kann man wohl getrost davon ausgehen, dass nicht die eine Seite alles durchsetzen wird und die andere nichts. Und: Ehe wir einen echten Frieden haben, wird es wahrscheinlich eine Generation dauern. Es wird Jahrzehnte brauchen, bis die Gesellschaften wieder aufeinander zugehen können, bis Kontakte wieder geknüpft werden können. Es wurden so viele Gräueltaten begangen, die aufgearbeitet werden müssen. Da sind einfach so viel Schmerz, Verletzungen, Wut und Hass.

Russland war Teil der europäischen Sicherheitsordnung. Werden auch hier Jahrzehnte vergehen, ehe man wieder sich halbwegs vertraut?

Deitelhoff: Da gilt der alte Satz: Vertrauen kann man schnell verspielen, aber es ist unglaublich langwierig, es wieder aufzubauen. Und das sehen wir auch in diesem Fall. Das Vertrauen zwischen dem Westen und Russland ist ohnehin nicht erst am 24. Februar 2022 kaputtgegangen, sondern wurde schon weit vorher beschädigt. Trotzdem gab es immer noch so eine Art Basisvertrauen, mit dem man arbeiten konnte – doch das ist mit diesem Krieg auch verschwunden. Das Problem ist, dass es innerhalb der russischen politischen Eliten momentan keinen vertrauenswürdigen Partner gibt, der neben oder hinter Putin in Wartestellung wäre. Daher wird es wohl sehr lange dauern, bis Russland wieder ein respektiertes Mitglied der europäischen Sicherheitsordnung wird. Wir werden wohl die nächsten zehn Jahre vor allen Dingen ein Konzept der Abschreckung gegen Russland sehen. Parallel dazu wird es in kleinerem Maß Versuche der Annäherung geben, vielleicht im Bereich der Rüstungskontrolle. 

Zur Person: Nicole Deitelhoff ist Leiterin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.

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23.02.2023

Die Aussage in der Überschrift dieses Artikels kann ich nicht teilen. Ich hole jetzt bewusst etwas weit aus. Der erste Krieg, sagen die Historiker, war die Auslöschen von Hamoukar. Und seitdem gab es keine Ruhe mehr. Ein globaler Frieden steckt nicht in den Genen der Menschheit. Zur Ukraine: selbst wenn es einen irgendwie gearteten Frieden gäbe, ein Machtwechsel an der Spitze und schon kann sich die politische Situation schnell ändern. Die Blöcke "Ost und West", die es de facto ja immer noch gibt, werden die Menschheit noch lange begleiten.

23.02.2023

Die Verfasserin schildert die Lage zum UA Krieg aus westeurp Sicht. Im Facit stellt sie richtigerweise fest, dass die Maximalforderungen beider Kriegsparteien auf einen länger andauernden Krieg hinauslaufen könnte. Fraglich ist wie lange insb die Forderungen des UA Präsidenten aufrecht erhalten bleiben können, denn das Land ist auf Gedeih und Verderb auf fortwährende Hilfeleistungen angewiesen. Wenn die UA in 2023 keine ersichtlichen milit Erfolge erreichen kann, werden weitere Hilfeleistungen infrage gestellt werden. Wenn zusätzlich die Inflation infolge des Krieges weiter hoch bleibt, besteht durchaus die Gefahr , dass es zu einem Meinungsumschwung im Westen kommt und die ständigen Botschaften des UA Präsidenten auf Konferenzen, Tagungen und Kulturereignissen nicht mehr willkommen sind. Dass es auf Jahre oder auch Jahrzehnte eine Trennungslinie oder auch Demarkationslinie zwischen Europa und Russland geben wird, ist schon jetzt unbestritten. RU legt wohl auch keinen Wert mehr darauf Teil der europ Sicherheitsordnung zu sein- die Orientierung RU geht Richtung Asien und nicht mehr Europa. Klar ist auch, dass der westl Standpunkt zum UA Krieg, von einem Großteil der Staaten in Asien, Afrika und Südamerika nicht geteilt wird.