Unabhängigkeitsreferendum in Schottland rückt in weite Ferne
Mit dem angekündigten Rücktritt von Regierungschefin Nicola Sturgeon und einer Entscheidung des Supreme Court rückt ein neues Referendum in weite Ferne.
Im Jahr 2014 wurde in Schottland über die Unabhängigkeit von Großbritannien abgestimmt. Damals stimmten 55 Prozent der Schotten für den Verbleib im Vereinigten Königreich. 2022 sollte es einen weiteren Anlauf geben. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hatte den Fall dem Supreme Court vorgelegt. Dieser entschied im November: Das schottische Regionalparlament habe kein Recht, eine Volksabstimmung anzusetzen. Die Richter folgten damit den den Argumenten der britischen Regierung.
Noch viele Hürden für schottisches Unabhängigkeitsreferendum
Sturgeon hatte angekündigt, die Entscheidung des Supreme Court anzuerkennen. Sie habe aber einen Plan B. "Wenn das Gesetz sagt, das geht nicht, wird die nächste Parlamentswahl zum De-facto-Referendum." Das bedeutet, dass sie mit ihrer Partei den Wahlkampf dann ausschließlich auf das Bestreben zur Unabhängigkeit auslegen würde. Der britische Wahl-Experte John Curtice ist sich sicher: "Sie wird ein Referendum abhalten", sagte der Politikwissenschaftler der Universität Strathclyde der dpa: "Sie wird nicht aufgeben".
Referendum zur Unabhängigkeit in Schottland: Das sind die Gründe
Rufe nach einem neuen Referendum wurden in Schottland vor allem nach dem Brexit laut. Diesen lehnte die schottische Bevölkerung mit einer klaren Mehrheit von rund 60 Prozent ab. Der Moment des Brexits entfachte damit ein neues Bestreben hin zur Unabhängigkeit bei vielen Schotten. Schottland als unabhängiges Land ist ein langersehnter Traum für einige von ihnen. So auch für Sturgeon, die mit ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP) und den Grünen eine Mehrheit besitzt, die für die Unabhängigkeit ist.
Sturgeon hatte vor, das Land mit 5,5 Millionen Einwohnern nach dem Referendum zurück in die EU zu führen. Sie vertrat die Auffassung, dass der britische Premierminister Boris Johnson Schottland gegen seinen Willen aus dem Bund der EU-Mitglieder gerissen hat. Das habe Großbritannien – und vor allem Schottland – in eine tiefe Krise geführt. "Unser Land verdient etwas Besseres", erklärte Sturgeon in Hinblick auf die Folgen: Einen Arbeitskräftemangel, hohe Lebenshaltungskosten und die Gefahr eines Handelskriegs mit der Europäischen Union.
Nach Sturgeon-Rücktritt: Wie geht es weiter?
Im Februar 2023 kündigte Schottlands "First Minister" Sturgeon dann ihren baldigen Rücktritt an. Sie begründete den Schritt damit, dass sie nicht mehr auf Dauer einhundertprozentig für den Job als Regierungschefin und ihre Partei weiterkämpfen könne. Wörtlich sagte Sturgeon: "Für mich ist die Zeit jetzt gekommen, den Platz freizumachen." Wer den Kampf um die Unabhängigkeit in Zukunft weiterführen könnte, ist allerdings erst einmal unklar. Da die SNP derzeit in den Wählerstimmen schwächelt, könnte es auch sein, dass sich die Partei erstmal thematisch auf andere Themen als die Unabhängigkeit konzentriert.