Letztes TV-Duell vor der Wahl: Donald Trump schockt Amerika
Die großen TV-Duelle des US-Wahlkampfes 2016 sind vorüber. Im glitzernden Las Vegas kommt es zum Schluss zum Showdown. Donald Trump entsetzt dabei Freund und Feind.
Eigentlich läuft es eine Zeit lang ganz gut für Donald Trump im „Thomas & Mack Center“ in der Universität Las Vegas. In der letzten und dritten Fernsehdebatte gegen Hillary Clinton vor der US-Präsidentschaftswahl am 8. November hat er einige wichtige Punkte für konservative Wähler unterbringen können: Nein zu Abtreibung, Einwanderungsstopp, Steuersenkungen für die Wirtschaft. Doch dann kommt der Moment, an dem Trump ganz Amerika schockt.
US-Wahl: Donald Trump in den Umfragen hinter Hillary Clinton
Trump muss angreifen und gewinnen an diesem Abend. In den Umfragen liegt er weit hinter Clinton, und viel Zeit bleibt nicht mehr bis zum Wahltag. Clinton dagegen kann sich auf das Parieren von Vorwürfen verlegen – ihr Ziel lautet, möglichst keine Fehler zu machen.
Das erledigt Trump für sie. Bei seinen Wahlkampfveranstaltungen der vergangenen Tage hat er immer wieder von Wahlmanipulationen gesprochen, von einer großen Verschwörung der Medien, der Banken und der politischen Elite in Washington, die angeblich alles daran setzen, ihm den Weg ins Weiße Haus zu verbauen. Keine Sorge, sagen seine Mitarbeiter beschwichtigend: Das bedeute nicht, dass Trump das Wahlergebnis anfechten werde. Trumps Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, Mike Pence, sagt dies sogar noch wenige Minuten vor Beginn der Debatte.
Eigentlich sollte es in einer westlichen Demokratie selbstverständlich sein, dass der Unterlegene bei einer Wahl dem Sieger gratuliert und seine Niederlage anerkennt. Doch das gilt nicht für Trump. In der Debatte fragt Moderator Chris Wallace vom konservativen Sender Fox News den Milliardär, ob er das Ergebnis vom November anerkennen wird. Reine Routine, doch Trump antwortet: „Ich schau’s mir an, wenn es soweit ist. Ich spanne euch auf die Folter.“
Trumps Helfer Rufy Giuliani: Clinton gehört ins Gefängnis
Wallace ist geschockt. Trump sehe immer Verschwörungen, wenn er in der Defensive sei, wirft Clinton ein. „Ich bin entsetzt“, sagt sie. Trump legt noch einen drauf: Clinton hätte wegen ihrer Vergehen in der Vergangenheit wie der Nutzung eines privaten Mailservers in ihrer Zeit als Außenministerin nie die Erlaubnis erhalten dürfen, als Kandidatin anzutreten. Clinton gehöre ins Gefängnis, giftet Trumps Helfer, der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, nach der Debatte.
Kaum haben Trump und Clinton die Bühne in Las Vegas verlassen, fragen die Fernsehsender wegen der verweigerten Wahl-Anerkennung bei Trumps Helfern nach, doch die Resultate sind nicht ermutigend. Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway bricht ein Interview mit CNN ab. Unterdessen melden sich viele Republikaner zu Wort, die Trumps Äußerung verdammen. Darunter sind Senatoren und Abgeordnete aus dem Kongress, aber auch bisherige Anhänger des Milliardärs wie die einflussreiche Rundfunkmoderatorin Laura Ingraham.
Dass ein Kandidat die friedliche Machtübergabe nach einer Wahl in Frage stellt, hat es in den USA noch nie gegeben. „Die Geschichte wird für immer mit Schrecken darauf zurückblicken“, sagt Doug Schoen, ein Kommentator für Fox News, voraus.
Donald Trump bei TV-Duell: "So eine scheußliche Frau"
Aber Trump ist noch nicht fertig. Ein weiterer Satz, der von seinem Auftritt in Las Vegas in Erinnerung bleiben wird, ist eine hasserfüllte Beleidigung an die Adresse Clintons. Fast wie nebenbei ins Mikrofon geschnauft, geht die Bemerkung in ihrer Bosheit und vor dem Hintergrund der vielen anderen frauenfeindlichen Äußerungen des Kandidaten weit über die Person Clintons hinaus: „So eine scheußliche Frau.“
Das war’s dann wohl für Trump, meint Schoen. Die Wählerinnen, die der Unternehmer in Las Vegas umwerben wollte, werden nach diesem Satz wohl kaum in Scharen zu ihm strömen.
Mit seinen Äußerungen hat sich Trump noch weiter als bisher schon aus der politischen Mitte in Richtung des rechten Randes bewegt und damit die am Rest des Abends erzielten Fortschritte mit einem Schlag wieder zunichte gemacht. Insbesondere dürfte er weitere weibliche Wähler vergrätzt haben. Und das ist das Letzte, was seine Kampagne derzeit gebrauchen kann.
Frauen könnten die Wahl in den USA entscheiden
Denn es sind Frauen, die die Wahl entscheiden könnten. Vor vier Jahren stellten Frauen 53 Prozent der Wähler in Amerika – diesmal könnten es noch mehr sein. Umso schlimmer ist es für Trump, dass sich immer mehr Frauen von ihm abwenden. Dabei geht es nicht um Feministinnen oder Studentinnen, die Trump auch dann nicht gewählt hätten, wenn seine sexistischen Sprüche aus dem Jahr 2005 ("Wenn du ein Star bist, kannst du alles mit ihnen machen, ihnen zwischen die Beine greifen“) nicht bekanntgeworden wären.
Es sind besonders die weißen Wählerinnen in den Wohnvierteln der gehobenen Mittelschicht rund um Großstädte wie Philadelphia oder Pittsburgh, die eine Schlüsselrolle spielen und für Trump wahrscheinlich verloren sind. Diese Frauen sind mehrheitlich konservativ – doch viele von ihnen sind angewidert vom Verhalten des republikanischen Kandidaten. Das könnte Trump die Wahl kosten, meint Juan Williams, ein Kommentator bei Fox News, in einem Beitrag für das Nachrichtenportal The Hill.
Williams begründet seine Einschätzung mit einem Blick auf die Präsidentschaftswahl vor vier Jahren. Damals lag der Republikaner Mitt Romney bei weißen Frauen mit dem deutlichen Vorsprung von 14 Prozent vor Barack Obama, wenn er auch bei den Frauen insgesamt mit 12 Prozent hinter Obama landete. Diesmal hat Clinton bei weiblichen Wählern einen Vorsprung von 17 Prozent und liegt bei den weißen Frauen einen Prozentpunkt vorn.
Das zeigt: Trump hat die Frauen nicht nur nicht überzeugen können, er hat sie Clinton regelrecht in die Arme getrieben. Das allein könnte genügen, um der früheren Außenministerin den Sieg zu bringen: „Dieser Vorteil ist der Kern des wachsenden Abstands zwischen Clinton und Trump“, schreibt Williams. Und dieser Abstand dürfte in Las Vegas noch größer geworden sein.
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