
Das Auge isst beim Schlemmer mit


Der Schlemmer überrascht seine Gäste mit liebevoller Deko auf feinen Speisen. Und mit Herzen aus Holz.
Aus der eischaum-ummantelten Piccata Milanese ragt eine frittierte Spaghettinudel, das Zanderfilet ziert ein knuspriger Brotchip, das Rindersteak ist mit einem Thymianstängel in der Kräuterbutter garniert, die Bayrisch-Creme trägt ein Schoko-Gitter – beim Schlemmer isst das Auge mit. Denn die Accessoires für die feinen Speisen entstehen nachmittags in ruhiger Minute. Da sagt der Chef zu Koch und Lehrling: „Kommt, wir machen ’ne halbe Stunde Deko!“ Und dann wird gezaubert.
Der Chef heißt Christoph Strobl. Er weiß genau, dass besagte „Deko“ in einer Wirtschaft auf dem (Wittelsbacher) Land weder erwartet wird noch jedermanns Geschmack findet. Dennoch setzt er diese kulinarischen i-Tüpfelchen bewusst. Mit seinem Gasthaus Schlemmer will er gehobene Ansprüche erfüllen („Wir wollen uns ja auch von anderen unterscheiden.“).
Und das kommt nicht von ungefähr: Als Jahrgangsbester hat der heute 40 Jahre alte Rehlinger seine Kochlehre im Augsburger Hof beendet, er hat Wettbewerbe gewonnen und in Sterne-Gourmet-Restaurants im Schwarzwald und am Starnberger See seine Künste verfeinert: Er hat Menschen, die viel Geld für Essen auszugeben bereit sind, zum Schlemmen verführt – und sagt heute über den „Schlemmer“ im Rehlinger Ortsteil Unterach: „Das ist mein Leben. Das ist meine Wirtschaft.“ Er fühlt sich da angekommen, wo er hin gehört.

Methoden in der Topgastronomie gelernt
Er will kein Gourmetlokal, kein Etepetete. Er will einfach gut und bezahlbar kochen. Und zwar mit den Methoden, wie er sie in der Topgastronomie gelernt hat. Da wird mit Thermometer und Niedrigtemperatur gekocht, gegart und gebraten. Da werden auch Beilagen und (Salat-)Soßen „rezeptiert“, also mit exakt vorgeschriebenen Mengen für Essig, Öl, Salz etc. standardisiert. Das sorgt für gleichbleibend hohe Qualität, sagt der Koch, der nichts dem Zufall zu überlassen scheint.

So vermutet der Besucher hinter dem Slogan „Schlemmen beim Schlemmer“ eine klare Marketingstrategie. Doch weit gefehlt! Hier gilt wirklich: Nomen est omen! „Schlemmer“ ist der Hausname des Bauernhofs, auf dem Strobls Vorfahren schon vor über 180 Jahren einen Ausschank betrieben. Heute betreibt sein Bruder die (ausgesiedelte) Landwirtschaft, er selbst hat das Gasthaus modernisiert und ausgebaut. Stets unterstützt von Frau Annette, die für das unaufdringlich modern-ländliche Ambiente verantwortlich zeichnet: „Wir haben lange gesucht, jetzt ist es stimmig.“
Kitschigen Schnickschnack vermisst hier niemand, dafür fallen die Herzen aus Holz auf. Koch Alexander Hieber hat sie in seiner Freizeit geschnitten und geschliffen, mal natur, mal farbig lasiert, meist praktisch als Kerzenhalter. Auch sie sind mit Liebe gemacht. Das Auge isst eben mit beim Schlemmer.
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