Didi Thurau: Mit Zuckerwasser fährt hier keiner hoch
Altgediente Radsportjournalisten Sportjournalisten müssen sich nach den jüngsten Enthüllungen um das Team Telekom der erfolgreichen neunziger Jahre eigentlich fragen lassen: Habt ihr in all den Jahrzehnten völlig ahnungslos eure Epen über die Dramen der Tour de France und deren Helden geschrieben?
Haben sie natürlich nicht. Der Argwohn fuhr zwar immer mit, nur waren der Respekt und die Faszination häufig größer. Obwohl "Doping-Bomben" immer wieder hochgingen, schon zu Rudi Altigs und Eddy Merckx' Zeiten und auch in der Karriere des Frankfurters Didi Thurau - die Sieger und Heroen wurden gefeiert. Wenn auch nicht immer vorbehaltslos.
Bei der Tour de France 1977 begeisterte der "blonde Engel" aus Frankfurt die Franzosen und seine Landsleute gleichermaßen. Als 22 Jahre alter Neuling trug der "pedaleur de charme" an 15 Tagen das Gelbe Trikot, gewann fünf Etappen, besiegte im Zeitfahren den großen Eddy Merckx und wurde am Ende Fünfter. Dietrich Thurau hatte vor 30 Jahren dem noch blauäugigen Novizen im Reportertross in einem streng vertraulichen Gespräch reinen Wein eingeschenkt. Frage: "Überall wird von Doping gemunkelt. Nur für den Hinterkopf. Was läuft bei der Tour?" Antwort: "Mit Zuckerwasser fährt hier keiner diese Berge hoch." Schon damals galt unter den Fahrern das Selbstverständnis: Alle machen's.
Gewonnen hat diese dopingverdächtige Tour 1977 der Franzose Bernard Thevenet, der nach seiner Karriere als Fernsehkommentator zugab, mit unerlaubten Mitteln (Cortison) zu seinem zweiten Triumph in Paris gefahren zu sein. Der Tour-Reporterneuling schrieb damals: "Gedopt oder nicht gedopt, erwischt oder entkommen, bestraft oder laufen gelassen, mit diesem Zweifel, lieber Leser, muss man das Schlussklassement der Tour de France studieren - ein beklemmendes Gefühl zum Finale."
Bei seiner letzten Tour 1987 kam Didi Thurau einem Ausschluss wegen Dopings zuvor, indem er aufgab. Er machte kein Geheimnis daraus, was schiefgelaufen war. Er hatte das Mittel zu spät abgesetzt. "Ich wusste nicht, dass man inzwischen Testosteron auch nach sechs Wochen noch nachweisen kann."
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